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Frau kauft Obst und Gemüse im Geschäft mit einem Netzbeutel

Quelle: jchizhe - AdobeStock

Nachhaltige Ernährung & Landwirtschaft

Viele Verbraucher:innen wünschen sich Lebensmittel, die unter Einhaltung hoher Tierschutz-, Umweltschutz- und Arbeitsschutzstandards zu fairen Preisen produziert werden. Die aktuelle Form der Produktion, Verarbeitung und des Handels von Lebensmitteln ist jedoch häufig mit negativen Folgen für Umwelt, Tierschutz und Gesundheit sowie teils inakzeptablen und unfairen Arbeitsbedingungen verbunden. Zudem werden entlang der Wertschöpfungskette große Mengen genießbarer Lebensmitteln weggeworfen, während sich einkommensschwache Verbraucher:innen eine gesunde und nachhaltige Ernährung kaum leisten können.

Verbraucher:innen können durch ihre Kaufentscheidungen allein diese Probleme nicht lösen. Nachhaltige Lebensmittel werden nicht ausreichend angeboten und sind nicht verlässlich erkennbar. Gleichzeitig bildet der Preis eines Lebensmittel oft nicht ab, was eine nachhaltige Erzeugung wirklich kostet, weil die Folgekosten für Umwelt, Tiere und Gesundheit von der Gesellschaft getragen werden.

Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, in der Erzeuger:innen gesunde und nachhaltige Produkte zu fairen Preisen erzeugen und sich alle Verbraucher:innen nachhaltig ernähren und gesund leben können, braucht es geeignete politische Rahmenbedingungen.

Die wichtigsten Forderungen des vzbv

  • Einen umfassenden Umbau der Tierhaltung mit hohen Tierschutzstandards und besserer Kontrolle
  • Eine verbindliche Kennzeichnung von Tierwohl, Herkunft und Nachhaltigkeit sowie einen verbindlichen Nutri-Score auf EU-Ebene
  • Ein gesünderes Lebensmittelangebot, insbesondere für Kinder mit gesetzlichen Maßnahmen zur Zucker-, Fett- und Salzreduktion
  • Eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte
  • Verbindliche Reduktionsziele für Lebensmittelabfälle für alle Akteure der Wertschöpfungskette
  • Ein starkes europäisches Lieferkettengesetz
  • Eine finanzielle und sozialpolitische Abfederung möglicher Lebensmittelpreissteigerungen für einkommensschwache Verbraucher:innen
  • Sektoruntersuchung, um die Marktstrukturen und Wettbewerbsbedingungen im Lebensmitteleinzelhandel zu untersuchen
  • Eine Erhöhung des ernährungsbezogenen Regelsatzes in der Grundsicherung und beim Arbeitslosengeld II

Zukunftskommission Landwirtschaft

In der Zukunftskommission Landwirtschaft hat sich der vzbv für die Bedürfnisse der Verbraucher:innen bei der notwendigen Transformation der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion eingesetzt. Erstmals haben sich dort Vertreter:innen aus Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft auf wirksame Instrumente für ein nachhaltiges und gesundes Ernährungssystem geeinigt. Die Bundesregierung muss diese Empfehlungen jetzt mit hoher Priorität verbraucherfreundlich umsetzen.

Der vzbv hat die wichtigsten verbraucher- und ernährungspolitischen Empfehlungen der ZKL bewertet und daraus Handlungsvorschläge für die Politik aus Verbrauchersicht abgeleitet:

Vision der ZKL
  • Hochwertige Lebensmittel und gesunde Ernährung für alle, und ein entsprechendes Angebot von gesunden, regionalen und ökologischen Lebensmitteln in öffentlichen und privaten Einrichtungen
  • Keine Lebensmittelverschwendung
  • Hohe Tierschutzstandards
  • Einfache und verlässliche Kennzeichnungen
  • Verringerter Konsum tierischer Produkte im Einklang mit Umwelt, Klima, Natur und Tierwohl
  • Ein fairer Markt für Landwirt:innen und starke regionale Strukturen
Bewertung des vzbv

Die Zukunftsvision der ZKL entspricht in großen Teilen den Wünschen der Verbraucher:innen. Die große Mehrheit möchte nachhaltiger und gesünder essen. Verbraucher:innen wünschen sich zudem verlässliche und verständliche Kennzeichnungssysteme und faire globale Lieferketten. Knapp zwei Drittel würden befürworten, wenn Folgekosten, die durch umwelt- oder gesundheitsschädliche Produktionsmethoden entstehen, in die Preisbildung einbezogen würden, auch wenn dadurch Lebensmittel teurer würden.

Empfehlungen der ZKL:
  • Zielgruppenspezifische, niedrigschwellige Bildungsangebote zur Stärkung der Ernährungs- und Finanzkompetenz insbesondere für Verbraucher:innen in prekären Lebenslagen, die ihnen, ergänzend zu einem finanziellen Ausgleich, trotz steigender Lebensmittelpreise eine gesunde und nachhaltige Ernährung ermöglichen sollen.
Bewertung des vzbv und Handlungsempfehlung:

Das Angebot an zielgruppenspezifischer, hochwertiger Ernährung- und Verbraucherbildung muss ausgebaut und unabhängig von kommerziellen Interessen angeboten werden. Schulen dürfen kein Ort für Werbung sein. Ernährungs- und Verbraucherbildung ist wichtig, kann aber finanzielle Ausgleichsmaßnahmen für einkommensschwache Verbraucher und die notwendige sozialpolitische Flankierung der Transformation nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

Empfehlungen der ZKL:
  • Erprobung und Einführung finanzieller Anreize wie eine Abgabe auf Zucker, Salz oder Fett und eine Mehrwertsteuersenkung für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte
  • Reduzierung des Konsums tierischer Lebensmittel nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
  • Ausbau der Trinkwasserinfrastruktur – Wasser und ungesüßte Getränke sollten bei Getränken im Vordergrund stehen
  • Verpflichtende Qualitätsstandards und angenehme Ernährungsumgebungen in der Gemeinschaftsverpflegung
  • kostenlose Verpflegung in Schulen und Kinderbetreuung
  • Verpflichtende Einführung klimafreundlicher Optionen in öffentlichen Einrichtungen
Bewertung des vzbv und Handlungsempfehlung:

Finanzielle Anreize wie eine Herstellerabgabe auf Zucker können einen wichtigen Beitrag zur Schaffung gesünderer Ernährungsumgebungen leisten. Die Bundesregierung sollte, begleitet von einem Ausbau der Trinkwasserinfrastruktur, eine Herstellerabgabe für Süßgetränke einführen und die Mehrwertsteuer für Obst und Gemüse nicht nur senken, sondern abschaffen. In der Schul- und Kitaverpflegung sollten verbindliche Qualitätsstandards und ein flächendeckendes, beitragsfreies Angebot eingeführt werden.

Empfehlungen der ZKL:
  • Weitreichende Umstrukturierungen der Tierhaltung durch eine breite Palette agrarpolitischer Instrumente: eine angepasste Förderpolitik, die Anhebung und Ergänzung tierschutzrechtlicher Anforderungen, die Förderung von zielführender und bedarfsgerechter Technik sowie von Ausbildung, Weiterbildung und Beratung
  • Die Konkretisierung der Verpflichtung zur betrieblichen Tierschutz-Eigenkontrolle und der Standardisierung der Erhebung
  • Schnell wirksame Anpassungen des Genehmigungsrechts für umweltverträgliche, tierwohlfördernde Haltungsanlagen
Bewertung des vzbv und Handlungsempfehlung:

Gesetzliche Standards in der Tierhaltung müssen angehoben werden. Damit diese Standards auch flächendeckend eingehalten werden, braucht es ein effektives Kontrollsystem. Dieses muss den gesundheitlichen Zustand der Tiere und ihr Wohlergehen betriebsgenau erfassen. Wenn die Politik Tierhaltungsbetriebe außerdem mit staatlichen Fördergeldern beim Umbau unterstützt, muss die Auszahlung an eine messbar bessere Tiergesundheit gekoppelt werden und keinesfalls nur an mehr Platz pro Tier. Dafür braucht es ein verbindliches, betriebsgenaues Tierwohl- und Tiergesundheitsmonitoring.

Empfehlungen der ZKL:
  • Eine Anpassung der Tierbestände und des Konsums von Rindfleisch an die Klimaziele
  • die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte
  • eine kostenlose und qualitativ hochwertige Kita- und Schulverpflegung
  • eine Anpassung der Regelbedarfe der Grundsicherung
  • eine Senkung des Einkommensteuersatzes, kombiniert mit einer Erhöhung der Sozialleistungen für Gruppen, die keine Einkommensteuer zahlen
  • eine Sonderzahlung/Steuerrückzahlung („Nachhaltigkeitsprämie“) für einkommensschwache Haushalte
Bewertung des vzbv und Handlungsempfehlung:

Lebensmittelpreise müssen die wahren Kosten ihrer Erzeugung abbilden. Damit sich alle Verbraucher:innen gesund und nachhaltig ernähren können, müssen steigende Lebensmittelpreise sozialpolitisch abgefedert werden. Die von der ZKL empfohlenen Maßnahmen dafür müssen bei allen Schritten der Transformation mitgedacht und umgesetzt werden. Besonders die Senkung bzw. Abschaffung des Mehrwertsteuersatzes für Obst und Gemüse, die kostenlose Schul- und Kitaverpflegung und die Nachhaltigkeitsprämie sollten auf den Weg gebracht werden.

Empfehlungen der ZKL:

Verständliche und verbindliche Kennzeichnungen auf EU-Ebene für diese Bereiche:

  • Tierwohlkennzeichnung
  • Kennzeichnung der Herkunft für die Primärzutaten in verarbeiteten Lebensmitteln
  • Ein transparentes und auf einheitlichen Mindeststandards basierendes Kennzeichnungssystem für regionale Produkte
  • Nährwertkennzeichnung in Form eines wissenschaftlich fundierten Nutri-Scores; perspektivisch: wissenschaftlich basierte Nachhaltigkeitskennzeichnung
  • Die Nutzung nationaler Spielräume durch festgelegte Kennzeichnungsstandards und die freiwillige Kennzeichnung 
Bewertung des vzbv und Handlungsempfehlung:

Eine große Mehrheit der Verbraucher:innen interessiert sich dafür, woher die Lebensmittel kommen, die sie kaufen und wünscht sich gesunde Lebensmittel, die nach hohen Umwelt- und Tierschutz- und Arbeitsstandards erzeugt wurden. Eine große Mehrheit möchte zudem eine verbindliche, leicht verständliche Nachhaltigkeitskennzeichnung von Produkten. Die Bundesregierung sollte sich für die genannten verbindlichen Kennzeichnungssysteme nachdrücklich auf EU-Ebene stark machen und nationale Spielräume so weit wie möglich ausnutzen, um schon voranzugehen. Sie sollte auch eine Definition werblicher Begriffe wie „Weidemilch“ und „Regionalität“ vorantreiben. 

Empfehlungen der ZKL:
  • Eine Evaluierung, ob mit dem Gesetz gegen unlautere Handelspraktiken die Lieferbeziehungen in der Lieferkette fairer geworden sind
  • Ein europäisches Lieferkettengesetz
Bewertung des vzbv und Handlungsempfehlung:

Viele Verbraucher:innen möchten sich nachhaltig ernähren – faire Kräfteverhältnisse in der Lieferkette und ein starkes Lieferkettengesetz sind eine wichtige Voraussetzung dafür, ihnen nachhaltigen Konsum zu erleichtern. Daher muss das neue Gesetz gegen unlautere Handelspraktiken 2023 auf seine Wirksamkeit hin überprüft und ggf. angepasst werden. Auf EU-Ebene sollte sich die Bundesregierung für ein ambitioniertes Lieferkettengesetz für die gesamte Lieferkette mit zivilrechtlicher Haftung einsetzen, das Umweltschutz stärker berücksichtigt als das deutsche Lieferkettengesetz, welches entsprechend nachgebessert werden sollte.

Empfehlungen der ZKL:
  • Handelsabkommen müssen einerseits für den Abbau von tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnissen und faire Marktöffnungen sorgen, sowie andererseits die ambitionierte Umsetzung von gemeinsamen Nachhaltigkeitszielen, die Weiterentwicklung von Umwelt-, Tierhaltungs-, Arbeitsschutz-, Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzstandards und die Anerkennung des europäischen Vorsorgeprinzips beinhalten.
  • Die verpflichtende Einhaltung hoher sozialer und ökologischer Standards in der Agrarproduktion muss Teil zukünftiger Handelsabkommen sein
Bewertung des vzbv und Handlungsempfehlung:

Aus Sicht des vzbv sollten Handelsabkommen stärker und verbindlicher an Nachhaltigkeitszielen orientiert sein. Verbindliche Nachhaltigkeitsstandards für Importprodukte sind wichtig, damit die Transformation der Landwirtschaft und Tierhaltung in Deutschland und Europa nicht durch günstigere Produkte, die zu deutlich niedrigeren Standards erzeugt wurden, unterminiert wird. So könnten auch global höhere Tierhaltungs- und Nachhaltigkeitsstandards gefördert werden.

Empfehlungen der ZKL:
  • Sicherstellung der Regulierung auch von neuen gentechnischen Verfahren wie CRISPR/Cas inkl. Risikoprüfung und Zulassung unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips
  • Sicherstellung des Geltungsbereichs von EU-Standards auch für Importe aus Drittländern
  • Neue Züchtungsverfahren dürfen die Wahlfreiheit von Landwirtschaft und Verbraucher:innen nicht einschränken
Bewertung des vzbv und Handlungsempfehlung:

Bisher gibt es keine Belege dafür, dass gentechnisch veränderte Pflanzen oder Pflanzen, die mithilfe neuer gentechnischer Verfahren wie Genome Editing erzeugt worden sind, tatsächlich zum Klima- und Umweltschutz beitragen. Verbraucher:innen lehnen Gentechnik in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion mehrheitlich ab. Wahlfreiheit kann es nur geben, wenn die gentechnikfreie Landwirtschaft geschützt und der Einsatz von Gentechnik für Verbraucher nachvollziehbar kenntlich gemacht wird. Die EU-Gentechnikgesetzgebung sollte deshalb für neue gentechnische Verfahren nicht abgeschwächt werden.

Downloads

21-08-26 Bewertung ZKL-Abschlussbericht - korrigierte Seitenzahlen

Zukunft Landwirtschaft - eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Bewertung des Abschlussberichtes der Zukunftskomission Landwirtschaft durch den Verbraucherzentrale Bundesverband | 11. August 2021

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