Ob Dieselskandal, Bankentgelte oder Strompreise: Immer wieder sind tausende Verbraucher:innen von Massenschäden betroffen. In Deutschland mussten Geschädigte bis vor Kurzem ihr Recht individuell einklagen. Da Aufwand und Kostenrisiko dabei häufig unverhältnismäßig hoch waren, scheuten viele diesen Schritt.
Dies hat sich in Folge des Diesel-Abgasskandals und der neuen Musterfeststellungsklage geändert. Verbraucher:innen können sich nun der Klage von Verbraucherverbänden anschließen. Diese Klage ebnet jedoch nur den Rechtsweg für Verbraucher:innen, indem ein Gericht verbindliche Feststellungen zu Sachverhalt und Rechtslage trifft. Den letzten Schritt bis zum Schadensersatz müssen Betroffene weiter individuell vor Gericht durchsetzen – solange kein Vergleich erzielt wurde.
Mit der Ende 2020 verabschiedeten EU-Verbandsklagerichtlinie muss nun auch in Deutschland eine weitergehende Sammelklage eingeführt werden. In der Folge können Verbraucherverbände sogar direkt Schadensersatz und andere Leistungen an Verbraucher:innen einklagen, ohne dass diese noch einmal selbst vor Gericht ziehen müssen.
Die neue EU-Verbandsklage geht damit über die Musterfeststellungsklage hinaus und ergänzt diese sinnvoll. Die Richtlinie muss bis zum 25.12.2022 in deutsches Recht umgesetzt werden. Die neuen Regelungen sollen dann am 25.06.2023 in Kraft treten.
Die EU-Richtlinie bietet den Mitgliedsstaaten viel Spielraum bei der Umsetzung. Der vzbv fordert, dass die künftige Verbandsklage schnelle und unkomplizierte Entschädigungen ermöglicht. Praktikabilität, Einfachheit, Verbraucherfreundlichkeit und die Entlastung der Justiz sollten dabei im Vordergrund stehen.
Der vzbv fordert
- Einführung einer praktikablen und finanzierbaren Verbandsklage auf Leistung an Verbraucher:innen unter Reform der Musterfeststellungsklage
- Flexible, mandatslose Kombination von Unterlassungs-, Feststellungs- und Abhilfeanträgen zugunsten geschädigter Verbraucher:innen
- Automatische Verjährungshemmung für alle Betroffenen bereits mit Klageerhebung unabhängig von einer späteren Registeranmeldung
- Möglichkeit der späten Anmeldung im Klageregister nach einem Urteil oder Vergleich in einer zweiten Auszahlungsphase
- Gerichtliche Pauschalierungs- und Schätzungsmöglichkeiten, damit nicht über jeden Einzelfall entschieden werden muss
- Kostenbegrenzung durch Beibehaltung der Streitwertdeckelung für Verbandsklagen und ausreichende Finanzierung einschließlich eines zweckgebundenen Sondervermögens.

Quelle: vzbv
Downloads
Mehr Sammelklage wagen
Kurzpapier des vzbv | 04. Februar 2021 | Forderungen zur Umsetzung der EU-Verbandsklage
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Die Umsetzung der neuen EU-Verbandsklagenrichtlinie
Gutachten im Auftrag des vzbv | 04. Februar 2021
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Die Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie
Folgegutachten des vzbv | 23. Februar 2022
AnsehenPDF | 663.75 KB
Die neue EU-Verbandsklage - Umsetzungsvorschlag des vzbv
JPG | 1.1 MB | 3139x1671
Rechtsstaat stärken mit starker Verbandsklage
Stellungnahme des vzbv zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Umsetzung der Richtlinie über Verbandsklagen | März 2023
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