Datum: 11.05.2023

Zur Ausgleichspflicht von Luftfahrtunternehmen

Urteil des EuGH vom 11.05.2023 (in den verbundenen Rs. C-156/22 bis C-158/22)

Die Annullierung eines Fluges wegen des unerwarteten Todes des Kopiloten befreit das Luftfahrtunternehmen nicht von seiner Ausgleichspflicht gegenüber den Fluggästen.

 

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des EuGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche von Fluggästen aus der EU-Fluggastrechteverordnung. Am 17. Juli 2019 soll TAP Air Portugal einen Flug mit planmäßiger Abflugzeit um 6:05 von Stuttgart nach Lissabon erbringen. Am selben Tag um 04:15 wird der Kopilot, der den betreffenden Flug durchführen soll, tot in seinem Hotelbett aufgefunden. Aufgrund des dadurch erlittenen Schocks meldet sich die gesamte Besatzung fluguntauglich. Da außerhalb der Basis von TAP kein Ersatzpersonal verfügbar ist, wird der Flug annulliert. Daraufhin verlässt um 11:25 eine Ersatzcrew Lissabon in Richtung Stuttgart und kommt dort um 15:20 an. Die Fluggäste werden sodann mit einem auf 16:40 angesetzten Ersatzflug nach Lissabon befördert. In der Folge treten einige Passagiere ihre etwaigen Rechte aus der EU-Fluggastrechteverordnung an die einschlägig spezialisierten Rechtsdienstleistungserbringer Myflyright und flightright ab. TAP verweigert eine Zahlung mit der Begründung, es handle sich um außergewöhnliche Umstände im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung, die sie von ihrer Zahlungspflicht befreie. Das Amtsgericht Nürtingen verurteilt TAP zur Leistung der Ausgleichszahlungen. Dagegen legt TAP Berufung beim Landgericht Stuttgart ein. Das Landgericht stellt fest, dass diese Frage in der europäischen Rechtsprechung und Literatur umstritten ist, setzt das Verfahren aus und bittet den europäischen Gerichtshof um eine Klarstellung im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens.

Der europäische Gerichtshof entscheidet, dass TAP den Passagieren die Ausgleichszahlung aus der EU-Fluggastrechteverordnung zu zahlen habe. Der plötzliche Tod eines Besatzungsmitglieds sei zwar tragisch, letztlich aber kein „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne der Verordnung. Vielmehr sei der Tod einer Krankheit gleichzustellen. Es sei nicht ungewöhnlich, dass ein oder mehrere Besatzungsmitglieder kurz vor Abflug aufgrund einer unerwarteten Krankheit ausfielen. Dies sei letztlich eine Frage der Planung der Einsätze und der Arbeitszeiten der Beschäftigten und somit Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens.

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.

Datum der Urteilsverkündung: 11.05.2023
Aktenzeichen: Verbundene Rs. C-156/22 bis C-158/22
Gericht: EuGH

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