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Das Landgericht Berlin hat der CopeCart GmbH untersagt, Kund:innen über ihr Widerrufsrecht zu täuschen und nach Abgabe ihrer Bestellung auf aggressive Weise zum Kauf weiterer Produkte zu drängen. Damit gab das Gericht einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) statt. Die Verbraucherschützer hatten kritisiert, dass Kund:innen nach Abgabe ihrer Bestellung dazu gezwungen wurden, unter Zeitdruck die Annahme oder Ablehnung von hochpreisigen Zusatzangeboten zu erklären.
Auf der digitalen Verkaufsplattform der CopeCart GmbH konnten Kund:innen ein Buch für 4,95 Euro kaufen und auf den Button „Jetzt kostenpflichtig bestellen“ klicken. Die Schaltfläche führte aber nicht direkt zur Bestellbestätigung. Stattdessen erschien eine Werbeseite mit einem „persönlichen“, angeblich nur in den nächsten 15 Minuten erhältlichen Angebot eines „Sichtbarkeits-Bundle“ zum reduzierten Preis von 199 statt 899 Euro. Ein eingeblendeter Countdown zählte die Sekunden bis zum Ende der 15 Minuten herunter.
„Um eine doppelte Abbuchung zu vermeiden“, sollten Käufer:innen die Werbeseite „unter keinen Umständen“ schließen oder durch „zurück“ verlassen. Ihnen bleib deshalb nichts anderes übrig, als eine Entscheidung zu treffen: Entweder sie klickten auf den großen, rot hervorgehobenen Button mit der Aufschrift „JA! JETZT ZUR BESTELLUNG HINZUFÜGEN!“. Oder sie klickten auf die in viel kleinerer Schrift gedruckte Erklärung: „Nein, danke. Ich verzichte auf dieses einmalige Angebot…“. Ein Verzicht führte zu einer weiteren Werbeseite. Diesmal wurde ein „Sichtbarkeits Mini-Bundle“ für 99 Euro statt sonst angeblich 399 Euro angepriesen – wieder mit einem Countdown, der bei 15 Minuten startete. Erst nach dem erneuten Verzicht auch auf dieses Angebot wurde die Buchbestellung endlich bestätigt.
LG Berlin beanstandet „aggressive geschäftliche Handlung“
Das Landgericht Berlin folgte der Auffassung des vzbv, dass die strittige Werbung eine aggressive geschäftliche Handlung darstellt, die Druck auf Verbraucher:innen ausübt und sie unangemessen in ihrer Kaufentscheidung beeinflusst. Nach Abgabe der Bestellung würden sie zunächst im Unklaren darüber gelassen, ob ihre Bestellung angenommen wurde oder nicht. Sie würden sodann gezwungen, hinsichtlich der weiteren Angebote eine Entscheidung zu treffen und seien der Beklagten im Rahmen des Bestellprozesses völlig ausgeliefert. Die konkrete Ausgestaltung der Webseite, die Notwendigkeit die Zusatzangebote zweimal wegzuklicken und der hervorgerufenen Zeitdruck führten in der Zusammenschau zu einer unzulässige Beeinflussung der Kund:innen.
Als Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht rügte das Gericht auch den angezeigten Countdown. Dieser suggerierte, dass sich die Verbraucher:innen innerhalb von 15 Minuten entscheiden müssten, um das Produkt zum reduzierten Preis zu erhalten. Doch das war nicht wahr. Der abgelaufene Countdown konnte durch die einfache Aktualisierung der Webseite wiederholt neu bei 15 Minuten gestartet werden. Offenbar diente der Countdown nur dazu Zeitdruck zu erzeugen.
Verbraucher:innen über ihr Widerrufsrecht getäuscht
Das Gericht untersagte CopeCart außerdem falsche Angaben zum Widerrufsrecht. Vor der Bestellung mussten Verbraucher:innen bestätigen, dass sie der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist zustimmen und zur Kenntnis nehmen, dass sie dadurch ihr Widerrufsrecht verlieren. Diese Angabe war unwahr. Ein solcher Ausschluss des Widerrufsrechts ist nur beim Kauf digitaler Inhalte wie dem Download von Computerspielen oder Spielfilmen möglich, nicht aber für gedruckte Bücher. Die Angabe sei daher zur Täuschung geeignet und könne Betroffene davon abhalten ihr Widerrufsrecht auszuüben, beanstandete das Gericht.
Urteil des LG Berlin vom 11.02.2025, Az. 15 O 287/24 -nicht rechtskräftig
Datum der Urteilsverkündung: 11.02.2025
Aktenzeichen: Az. 15 O 287/24 -nicht rechtskräftig
Gericht: Landgericht Berlin