Datum: 15.03.2017

Keine Sonderrechte für Verbraucher auf Messen

Urteil des OLG München vom 15.03.2017 (3 U 3561/16)

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der auf einem Messegelände vereinbarte Kaufvertrag wurde nicht außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen und begründet daher kein Sonderwiderrufsrecht für den Verbraucher.

Ein Ehepaar verlangte vor Gericht die Feststellung der Wirksamkeit eines Rücktritts vom Kaufvertrag über eine Einbauküche.

Die Einbauküche wurde auf der Messe Rosenheim, welche das Paar ursprünglich rein aus Informationszwecken besuchte, erworben. Sie seien an dem Stand des Küchenverkäufers mit einem kostenlosen Topfset und einem Glas Sekt angelockt und schließlich zur Vertragsunterzeichnung überredet worden. Noch am selben Tag erklärte das Paar gegenüber dem Verkäufer den Widerruf vom Vertrag, welcher von dem jedoch nicht akzeptiert wurde. Ein Rücktritt kam daher nur noch in Frage, wenn man beim vorliegenden Vertrag von einem sogenannten Kauf „außerhalb von Geschäftsräumen“ ausgehen kann. Dann nämlich würden Regelungen greifen, die den Verbraucher vor Überrumpelungssituationen schützen sollen und die Eheleute könnten den Vertrag widerrufen. Das Gericht hatte daher vorwiegend die Frage zu klären, ob ein Messestand grundsätzlich außerhalb von Geschäftsräumen liegt.

Das Ehepaar hatte hierzu aufgeführt, der Küchenanbieter wäre zum ersten Mal auf der Messe vertreten, welche ohnehin überwiegend der Information, nicht dem Verkauf diene. Sie hätten mit einem Verkaufsangebot nicht gerechnet und wären daher überrumpelt worden.

Bei der Messe Rosenheim handelt es sich jedoch traditionell um eine Verkaufsmesse, auch wenn einzelne Aussteller die Plattform für reine Informationszwecke nutzen. Dass der Küchenanbieter zum ersten Mal auf der Messe vertreten war, spricht dem Gericht zufolge ebenfalls nicht für einen ungewöhnlichen Geschäftsort, da hierin ein Nachteil gegenüber regelmäßig teilnehmenden Anbietern zu sehen ist. Es komme daher allein auf den Charakter der Messe an. Eine Überrumpelungssituation würde etwa angenommen werden können, wenn auf einer Reisemesse hochwertige Dampfstaubsauger verkauft würden, wie das AG Pinneberg feststellte. Hierbei könne man von einem ungewöhnlichen Geschäftsraum sprechen. Die Messe Rosenheim aber habe mit ihren 19 vertretenen Branchen kein bestimmtes Thema, welches mit dem Verkauf von Einbauküchen völlig verfehlt wäre.

Das Gericht stellte somit einen Kaufvertrag innerhalb üblicher Geschäftsräume fest. Auch der angebotene Sekt stelle, jedenfalls in vorliegend moderatem Maße, kein Hindernis für die Wirksamkeit des Kaufvertrages dar. Die Eheleute sind durch das Urteil weiter am Festhalten des Kaufvertrages gebunden. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde allerdings zugelassen, denn die Merkmale, anhand derer ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag angenommen werden kann, sind noch nicht höchstrichterlich geklärt.

Datum der Urteilsverkündung: 15.03.2017

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