Datum: 21.03.2006

Kapitalanleger tragen Risiko einer sich als im nachhinein unrichtig erwiesenen Bewertung eines Anlageobjekts

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Urteil des BGH Karlsruhe vom 21.03.2006 (XI ZR 63/05)

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Nach Auffassung des BGH trägt allein der Kunde das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist. Erforderlich sei nur, dass die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes aus Sicht eines objektiven Dritten im Zeitpunkt der Beratungsleistung vertretbar sei. Nur soweit der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden sowie die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarkts es gebieten auf spezielle Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben, hinzuweisen, müsse die Aufklärung richtig und vollständig sein. Börsentipps lägen indessen nicht im Rahmen der vertraglichen Haftung einer Bank für Rat und Auskunft.

Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Auf Anraten der beklagten Sparkasse legte der Ehemann der Klägerin, ein Elektrotechniker, sein geerbtes Vermögen überwiegend in Aktien- und Immobilienfondsanteilen an, die alle von einer einzigen Fondsgesellschaft gehalten wurden. Nachdem die Kurse zunächst gestiegen waren, fiel der Kurs in der Folgezeit rapide. Auf Nachfrage der Klägerin riet die Beklagte dennoch von einem Verkauf ab. Da sich der Kursverfall in den nächsten Monaten fortsetzte, verkaufte die Klägerin schließlich dennoch ihre Anteile und zwar mit erheblichem Verlust. Sie macht den Ersatz der Differenz zwischen dem Wert der Papiere am Tag der fehlerhaften Beratung und dem Veräußerungstag iHv 164.734 € geltend.

Der BGH hat die Klage abgewiesen, da der von der Klägerin zunächst befolgten Rat, die Anteile nicht zu verkaufen, keine Pflichtverletzung darstelle. Der Rat sei aus ex-ante-Sicht vertretbar gewesen. Ein weiterer Kursverfall sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhersehbar gewesen. Die Beklagte habe vielmehr aufgrund ihrer Erfahrung und langjährigen Beobachtung der Kursentwicklung von einem entsprechenden Wiederanstieg der Kurse innerhalb des Anlagezeitraums von noch drei Jahren ausgehen und diese Entwicklung ihrer Empfehlung gegenüber der Klägerin zugrunde legen dürfen. Die Entwicklungen an der Börse hätten keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Auffassung geboten. Eine Hinweispflicht auf andere Meinungen treffe die Beklagte aus dem Beratungsvertrag nicht.

Hinweis

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Im Anschluss an das EuGH-Urteil vom 25. Oktober 2005 (Rs. C-229/04) zur Auslegung der Haustürwiderrufsrichtlinie hat der Bundesrechtshof seine Rechtsprechung zur Zurechnung einer Haustürsituation bei Vermittlung einer kreditfinanzierten Anlage geändert.

Bisher musste sich die Bank die Vermittlung eines Darlehensvertrages zur Finanzierung einer Kapitalanlage in einer Privatwohnung durch einen selbständig tätigen Anlageberater bzw. -vermittler nur zurechnen lassen, wenn sie in entsprechender Anwendung von § 123 Abs. 2 BGB bei Vertragsschluss die Haustürsituation kannte oder hätte kennen müssen. Damit war Kapitalanlegern, die nicht von einem Bankangestellten, der regelmäßig Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) der Bank ist, sondern von einem unabhängigen Vermittler in seiner Privatwohnung zur Unterzeichnung eines Kreditvertrages bewegt wurden, regelmäßig das Widerrufsrecht nach den Vorschriften über Haustürgeschäfte abgeschnitten.

Nunmehr hat auch der 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in Übereinstimmung mit dem 2. Zivilsenat und dem EuGH entschieden, dass die Voraussetzungen für die Zurechnung einer Haustürsituation bereits dann vorliegen, wenn es sich objektiv um eine Haustürsituation handelt. Auf eine hierauf gerichtete Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Bank kommt es nicht mehr an.

Datum der Urteilsverkündung: 21.03.2006

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