Dem Versicherungsnehmer ist die Geltendmachung von Bereicherungsansprüchen nach einem Widerspruch trotz nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung wegen widersprüchlichen Verhaltens zu versagen, wenn besonders gravierende Umstände vorliegen. Diese können deshalb vorliegen, wenn der Versicherungsnehmer seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag abgetreten hat.
Der Kläger begehrt von der Beklagten, einer Versicherungsgesellschaft, Rückabwicklung zweier Versicherungsverträge nach erklärtem Widerspruch. Die Verträge im so genannten Policenmodell sind 2004 und 2006 abgeschlossen worden. Mit Schreiben vom 12.10.2017 erklärte der Kläger den Widerspruch zu den beiden Verträgen ab Versicherungsbeginn. Die Beklagte war nicht bereit, die beiden Verträge rückabzuwickeln.
Der Kläger ist der Auffassung, mangels ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrungen habe die Frist zur Ausübung des Widerspruchsrechts nicht zu laufen begonnen und sei er auch im Jahr 2017 noch zur Ausübung seines Widerspruchsrechts berechtigt gewesen.
Das Landgericht Frankfurt hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die durch den Kläger eingezahlten Beträge und die gezogenen Nutzungen nicht ohne rechtlichen Grund erlangt. Der Kläger hat zwar dem Abschluss der Verträge widersprochen, die jeweiligen Widerspruchsfristen von 14 Tagen bzw. 30 Tagen wurden jedoch nicht eingehalten. Das Landgericht sieht die Widerspruchsbelehrungen auch drucktechnisch als unproblematisch an.
Selbst bei nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung wäre die Klage nach Ansicht des Gerichts abzuweisen, da der Kläger mit seinem Widerspruchsrecht verwirkt wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dem Versicherungsnehmer die Geltendmachung von Bereicherungsansprüchen nach einem Widerspruch trotz nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung wegen widersprüchlichen Verhaltens zu versagen, wenn besonders gravierende Umstände vorliegen. Besonders gravierende Umstände liegen hier deshalb vor, weil der Kläger seine Rechte aus beiden Versicherungsverträgen abgetreten hat. Zwar reicht die Tatsache, dass der Versicherungsnehmer seine Ansprüche aus einem Policenmodell abgeschlossenen Versicherungsvertrag zur Kreditsicherung eingesetzt hat alleine für die Annahme solch gravierende Umstände nicht aus. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung angenommen werden kann, der tatrichterlichen Beurteilung überlassen und damit ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers in einer solchen Konstellation jedenfalls für möglich erachtet. Dieser enge zeitliche Zusammenhang ist hier bereits deshalb evident, weil sich aus den von der Beklagten vorgelegten Dokumenten im Zusammenhang mit den Vertragsabschlüssen ergibt, dass die Lebensversicherungsverträge gerade zu einer Arztpraxisfinanzierung abgeschlossen wurden und dass die Abtretung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit den Vertragsschlüssen erfolgte.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht. Klicken Sie hier, um sich in die Empfängerliste eintragen.
Datum der Urteilsverkündung: 23.11.2018