Datum: 08.12.2022

Zum Schadensersatzanspruch von Flugreisenden bei Problemen mit der automatisierten Passkontrolle EasyPASS

Urteil des BGH vom 08.12.2022 (III ZR 204/21)

Es besteht kein Schadensersatzanspruch gegen einen Flughafenbetreiber, wenn Flugreisende ihren Flug versäumen, weil sie oder ihre mitreisenden Familienmitglieder nicht die Voraussetzungen für die Nutzung der automatisierten Grenzkontrolle (EasyPASS) erfüllen und dadurch einen Zeitverlust erleiden.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte ist die Betreiberin eines Flughafens, der mit dem elektronischen Grenzkontrollsystem EasyPASS ausgestattet ist. Dieses ermöglicht ein schnelleres Passieren der Grenzkontrolle, indem die Identität der Person, die – neben weiteren Voraussetzungen – mindestens 12 Jahre alt sein muss, sowie die Echtheit und Gültigkeit des Reisedokuments automatisiert geprüft werden. Die Beklagte weist auf ihrer Internetseite auf das EasyPASS-System hin, ohne das Mindestalter für dessen Nutzung zu erwähnen. Der Kläger hat für sich, seine Ehefrau und die drei minderjährigen Kinder für den 9. Oktober 2019 um 12:15 einen Flug gebucht. Er gibt an diesem Tag zusammen mit seiner Familie das Reisegepäck um 10:07 am Check-in-Schalter auf. Um 11:10 begeben sie sich zur Sicherheitskontrolle und passieren diese um 11:35. Anschließend geht die Familie zu den elektronischen Passkontrollen. Auf seine Frage, wo er sich anstellen müsse, erhält er von einem Mitarbeiter der Beklagten die Auskunft, er könne EasyPASS nicht nutzen, da seine jüngste Tochter noch keine 12 Jahre alt sei. Die Familie wird deshalb an die zwei mit Personal besetzten Durchgänge verwiesen. Dort tritt bei der Kontrolle eines anderen Passagiers ein Problem auf, was zu einer Verzögerung von 20 Minuten führt. Nach Eröffnung einer dritten Kabine für die Passkontrolle muss der Computer erst hochgefahren werden und ist zunächst nicht funktionsfähig. Obwohl er eine weitere Mitarbeiterin der Beklagten auf das drohende Verpassen des Abflugs hinweist, wird die Familie in der Warteschlange nicht vorgezogen.  Das Amtsgericht weist die auf Zahlung von 2.980,08 € (Erwerb eines Ersatztickets, zusätzliche Hotel- und Fahrtkosten) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage ab. Das Landgericht weist die Berufung des Klägers zurück und lässt die Revision zu. Mit dieser verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Die Revision hat keinen Erfolg. Verzichteten Flugreisende auf die Einplanung eines ausreichenden Zeitpuffers von zwei bis drei Stunden vor dem Abflug, weil sie das automatisierte Grenzkontrollsystem EasyPASS nutzen möchten, müssten sie sich rechtzeitig über dessen Modalitäten informieren, wenn sie nicht mit diesen vertraut seien. Auf ersichtlich nicht abschließende Hinweise des Flughafenbetreibers auf dessen Internetseite dürften sie sich nicht verlassen. Unterließen sie dies, riskierten sie, die Systemvoraussetzungen nicht zu erfüllen und  mangels hinreichenden Zeitpuffers den gebuchten Flug zu verpassen, zumal sie sich auf die ständige Betriebsbereitschaft der computergestützten elektronischen Grenzkontrolle nicht ohne weiteres verlassen dürften. Sie begäben sich damit freiwillig in eine prekäre Situation, deren Folgen letztlich von ihnen selbst herbeigeführt und zu tragen seien.

 

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.

Datum der Urteilsverkündung: 08.12.2022
Aktenzeichen: II ZR 204/21
Gericht: BGH

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