Datum: 01.08.2017

Klage gegen Aachener Bausparkasse eingereicht

Der vzbv geht wegen Kündigungen von Bausparverträgen vor Gericht

Klage gegen Aachener Bausparkasse eingereicht

Quelle: izzetugutmen - Fotolia

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat Klage gegen die Aachener Bausparkasse AG eingereicht. Nach Auffassung der Marktwächterexperten ist die Kündigung von Bausparverträgen unter Bezug auf die Paragrafen 313 und 314 BGB unzulässig: Die für eine solche Kündigung erforderliche Störung der Geschäftsgrundlage oder der wichtige Kündigungsgrund liegen nicht vor. Die Verbraucherschützer wurden durch auffällige Beschwerden im Frühwarnnetzwerk des Marktwächters auf das Vorgehen des Anbieters aufmerksam.

„Bausparkassen müssen ihre abgeschlossenen Verträge erfüllen, auch wenn diese aufgrund gesunkener Zinsen unrentabel geworden sind“, sagt Philipp von Bremen, Teamleiter Marktwächter Finanzen bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Ein Recht, in laufende Bausparverträge einzugreifen, hat nur die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“, erläutert von Bremen.   Nach Marktwächtererkenntnissen versuchen etliche Bausparkassen sich seit Jahren beispielsweise durch Tarifwechselangebote oder Kündigungen von aus heutiger Sicht gutverzinsten Verträgen zu lösen. Zum Teil verweigern sie Verbrauchern nach Aussprache der Kündigung auch den Anspruch auf einen (Zins-)Bonus oder eine Treueprämie.

Anbieter setzt Verbraucher auch moralisch unter Druck

Die Vorgehensweise der Aachener Bausparkasse ist dabei bislang einzigartig und besonders auffällig: Zunächst stellte sie ihre Kunden vor die Wahl, entweder ein Tarifwechselangebot mit deutlich geringerer Verzinsung anzunehmen oder sich den Bausparvertrag auszahlen zu lassen. Für den Fall, dass nach einer Frist keines von beiden geschehe, wurde die nachfolgende Kündigung des Bausparvertrags angedroht und dann auch vollzogen. Gleichzeitig setzte die Aachener Bausparkasse ihre Kunden moralisch unter Druck. So heißt es in den Schreiben: „Verhalten sich die Inhaber hoch verzinslicher, mit den aktuellen finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr zu vereinbarender Bausparverträge nicht dementsprechend, so schädigt dies nicht nur die Bausparkasse, sondern auch die gesamte Bausparergemeinschaft.“   „Anstatt für das eigene Leistungsversprechen einzustehen, übt die Aachener Bausparkasse moralischen Druck auf ihre Kunden aus. Das ist unzulässig. Zudem ist die Aussage falsch. Wenn der Kunde an seinem hochverzinsten Bausparvertrag festhält, hat das keine Auswirkungen auf andere Bausparer, sondern nur auf die Gewinnsituation der Bausparkasse“, so von Bremen.

Bausparkasse gab keine Unterlassungserklärung ab

Zunächst hatten die Marktwächterexperten die Aachener Bausparkasse im vergangenen Mai abgemahnt. Die Bausparkasse gab jedoch die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab und hält ihre Kündigungen für rechtens. „Die strittige Rechtsfrage wollen wir nun verbindlich auf dem Weg einer Verbandsklage klären lassen, auch um Kunden anderer Bausparkassen vor dem kritisierten Anbieterverhalten frühzeitig zu schützen“, so von Bremen.   Eine erfolgreiche Verbandsklage würde die Aachener Bausparkasse verpflichten, künftig Kündigungen auf Grundlage der §§ 313 und 314 zu unterlassen und den Anbieter verpflichten betroffene Verbraucher über die Unzulässigkeit erfolgter Kündigungen zu informieren.

Hinweis: Die wichtigsten Verbraucherinformationen zu den Kündigungen durch die Aachener Bausparkasse finden Sie hier. Individuelle Beratung zum Fall Aachener Bausparkasse erhalten Sie in Ihrer zuständigen Verbraucherzentrale, die Sie auf verbraucherzentrale.de finden.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. hatte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Köln beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt. Am 25.04.2019 wies der BGH in einem vergleichbaren Sachverhalt, in dem es ebenfalls um Vertragskündigungen ging, die Nichtzulassungsbeschwerde zurück. Zur Begründung führte der BGH an, dass die Empfänger der Kündigungen erkennen konnten, es handele sich nur um eine Rechtsmeinung des Unternehmens, dass dieses zur Ausübung der Kündigung berechtigt sei. Verbraucher würden daher sinngemäß nicht darüber getäuscht, sie seien dem Handeln des Unternehmens schutzlos ausgeliefert.  

Aufgrund der BGH-Entscheidung in dem Parallelverfahren hat das aktuelle Verfahren gegen die Aachener Bausparkasse keine Aussicht auf Erfolg mehr. Das eingelegte Rechtsmittel wurde am 27.05.2019 zurückgenommen. Das zweitinstanzliche Urteil des Oberlandesgerichts Köln ist rechtskräftig.   Achtung: Trotz des Misserfolgs ist nach wie vor unklar, ob Sparverträge wie die vorliegenden Bausparverträge infolge der Niedrigzinsphase einfach vom Anbieter wegen angeblicher Störung der Geschäftsgrundlage gekündigt werden können. Zu dieser Frage hat sich keines der Gerichte geäußert.

Die Marktwächterexperten sind nach wie vor davon überzeugt, dass Verträge einzuhalten sind. Nach einer getroffenen Vereinbarung über einen festen Zinssatz haben beide Vertragsparteien auch gleichermaßen das Risiko einer nachträglichen Zinsveränderung zu tragen – unabhängig davon, ob das zugunsten oder zu Ungunsten einer der Parteien ist. Mängel in der Kalkulation eigener Verträge können demnach nicht dazu führen, dass der Anbieter sich ohne weiteres aus den Verträgen herausstehlen kann.

 

Am 18.01.2019 fällte das Oberlandesgericht Köln sein Urteil und wies die Berufung zurück. Das Gericht vertritt die Auffassung die Unterlassungsklage sei unzulässig, weil sie darauf ausgerichtet sei einer Bausparkasse zu verbieten, Bausparverträge zu kündigen. Eine gerichtliche Auseinandersetzung über die Berechtigung einer Kündigung setze die vorherige Erklärung der Kündigung voraus. Die gerichtliche Klärung über die Berechtigung einer Kündigung dürfe aber grundsätzlich nur im Rahmen eines Prozesses zwischen dem Inhaber des Bausparvertrages und der Bausparkasse und nicht mit einem außenstehenden Dritten – wie hier dem Verbraucherzentrale Bundesverband - erörtert werden.

Achtung: Ob die Kündigungen an sich rechtmäßig sind, damit hat auch dieses Gericht sich in keiner Weise auseinandergesetzt. Die Entscheidung entfaltet daher keine Aussagekraft für Verbraucher. Sie können sich nach wie vor individuell gegen die Kündigungen zur Wehr setzen und auf Fortsetzung der Verträge drängen. Die Marktwächterexperten sind nach wie vor der Auffassung, dass die Kündigungen unrechtmäßig sind. Sie prüfen weitere rechtliche Möglichkeiten.

 

Das Oberlandesgericht Köln hat für den 21.12.2018 einen neuen Verhandlungstermin anberaumt. Das Aktenzeichen des Gerichts lautet: 6 U 74/18.

Der vzbv hat nach Prüfung des schriftlichen Urteils Berufung eingelegt.

Inzwischen hat das Landgericht Aachen als erste Instanz die Klage des vzbv abgewiesen. Das Gericht ist der Auffassung, dass in den Vertragskündigungen durch die Aachener Bausparkasse keine irreführenden geschäftlichen oder belästigenden Handlungen zu sehen seien. Ob ein Kündigungsrecht bestehe, sei eine rechtlich umstrittene Frage, so dass die rechtliche Meinungsäußerung – selbst wenn die Rechtsmeinung nicht zutreffend sei, erlaubt bleibe. Auf dieser Grundlage können die aus Sicht des vzbv unwirksamen Kündigungen nicht im Wege der Verbandsklage angegriffen werden. Mit der Frage der (Un-)Wirksamkeit der Kündigungen setzte sich das Gericht folglich nicht auseinander, sodass diese Frage für den Verbraucher weiterhin ungeklärt bleibt. Der vzbv behält sich vor, nach Prüfung des schriftlichen Urteils Berufung einzulegen.

Eine Entscheidung des Landgerichts Aachen wird am 20.03.2018 erwartet. Wir bitten um Verständnis, aufgrund des laufenden Verfahrens vorerst keine näheren Informationen zum aktuellen Stand geben zu können.

Der erste Verhandlungstermin in der Klage des vzbv gegen die Aachener Bausparkasse AG wurde für den 27.02.2018 angesetzt. Verhandelt wird vor dem Landgericht Aachen. Das Aktenzeichen lautet 41 O 51/17.

Die Klage gegen die Aachener Bausparkasse läuft nach wie vor. Ein Urteil steht noch aus. Sobald das Marktwächterteam neue Entwicklungen bekannt geben kann, werden diese umgehend mitgeteilt. Bis dahin bitten die Marktwächterexperten darum, weiterhin Kündigungen von Bausparverträgen über das Beschwerdepostfach zu melden.

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