- Mit der leichten Vergleichbarkeit von Kontoentgelten soll der Wettbewerb belebt werden.
- Entgeltinformationen verschiedener Banken sind nicht leicht vergleichbar.
- 43 Prozent befragter Girokontobesitzer liegt keine Entgeltaufstellung vor.
Der Girokontomarkt in Deutschland ist in Bewegung. Viele Anbieter haben die Entgelte erhöht und Kontomodelle umgestrickt. Um den Durchblick zu bewahren und den Wettbewerb zu erhöhen, stehen Verbraucherinnen und Verbrauchern vier Instrumente zur Verfügung. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kommt bei der Prüfung von zwei dieser vier Instrumente zu einem ernüchternden Ergebnis. Die vorvertraglichen Entgeltinformationen machen eine Vergleichbarkeit von Girokonten nicht möglich. Wenn Verbrauchern dann die Entgelte ihres aktuellen Kontos nicht vorliegen, wird ein Vergleich zusätzlich erschwert.
Die deutschen Verbraucher wechseln ihr Konto selten. Ein Grund könnte sein, dass Verbraucher nur schwer vergleichen können, welches Konto für sie wirklich günstiger ist. Zum einfachen Kostenvergleich und Kontowechsel sollen Verbrauchern eigentlich vorvertragliche Entgeltinformationen, eine zertifizierte Vergleichswebseite von Girokonten, für Bestandskonten jährliche Entgeltaufstellungen und eine gesetzliche Kontowechselhilfe zur Verfügung stehen. Diese vier Instrumente sind als Teil eines Pakets aus der Zahlungskontorichtlinie der Europäischen Union spätestens seit Oktober 2018 in Kraft. Der vzbv hat die vorvertraglichen Entgeltinformationen von 50 Banken unter die Lupe genommen und Verbraucher zur jährlichen Entgeltaufstellung ihres Girokontos befragt. Dorina Wilhelm, Leiterin Team Marktbeobachtung Finanzmarkt bilanziert: „Das Ziel einer einfachen Vergleichbarkeit der Kosten von Kontomodellen wird nicht erreicht.“
Entgeltinformationen – kein Standard für den Kostenvergleich
Mit standardisierten Entgeltinformationen können Verbraucher Kontomodelle und die entsprechenden Kosten besonders leicht vergleichen – so die Theorie. In der Praxis wurden inhaltliche Vorgaben ergänzt, modifiziert oder unterschiedlich ausgestaltet. Querverweise und Fußnoten machen die Dokumente unübersichtlich, während Formatierungsvorgaben zur besseren Verständlichkeit nicht eingehalten wurden. So wurden beispielsweise Preise an anderen Stellen dargestellt als vorgesehen. Folglich sind die Entgeltinformationen verschiedener Banken nur schlecht vergleichbar. Auch die Bereitstellung der untersuchten Dokumente war nicht einheitlich. Entgeltinformationen standen für jedes Kontomodell separat oder für alle Kontomodelle in einem Gesamtdokument und manchmal eingebettet in andere Unterlagen zur Verfügung. Es kam auch vor, dass Dokumente sehr versteckt und für Verbraucher schwer auffindbar waren.
Entgeltaufstellungen kommen nicht bei den Verbrauchern an
Nur wenn Verbraucher die Kosten für ihr aktuelles Kontomodell kennen, können sie gezielt nach einem für sie günstigerem Modell suchen. Daher müssen Banken für bestehende Konten ihren Kunden einmal jährlich eine Aufstellung zur Verfügung stellen, in der alle Kosten der vergangenen 12 Monate zu entnehmen sind. Doch nach einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage lagen 43 Prozent der Befragten im Juli 2020 keine Aufstellung über die Kosten ihres Girokontos vor.
Politik muss Voraussetzungen für den Wettbewerb schaffen
Auf einen starken Wettbewerb sind Verbraucher in Zeiten steigender Kosten und immer kreativerer Kontomodelle der Banken angewiesen. Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden sollten daher gewährleisten, dass Verbraucher einfach Kontokosten vergleichen können. Institute müssen verpflichtet werden, eigeninitiativ und umfänglicher als bislang Auskunft zu geben. Wenn Verbraucher ihr Konto wechseln möchten, sind vergleichbare Entgeltinformationen, deren Bestandteile regelmäßig auf Aktualität überprüft werden, unerlässlich.
Methodenbox:
Inhaltliche qualitative Analyse von Entgeltinformationen bei 50 Banken und Sparkassen. Erhebungszeitraum der Entgeltinformationen auf den Webseiten der Anbieter: Kalenderwoche 23/2019.
Computergestützte Telefoninterviews (CATI-Bus) Grundgesamtheit: in Privathaushalten in Deutschland lebende Personen ab 18 Jahren, die über ein eigenes Girokonto verfügen. Stichprobengröße: 1.101 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: max. +/-3 Prozentpunkte in der Gesamtstichprobe. Erhebungszeitraum: 22.07. – 28.07.2020. Institut: Kantar"