- Gutachten: Geplante Renditegarantie für Strom- und Gasnetzbetreiber durch Bundesnetzagentur ist zu hoch
- Entlastung der Stromkunden bei den Netzentgelten ist unzureichend
- vzbv: Geplante Zinssätze spiegeln Niedrigzinsphase und geringes Marktrisiko für Strom- und Gasnetzbetreiber nicht wieder
Die von der Bundesnetzagentur geplanten Renditegarantien für die Betreiber von Strom- und Gasleitungen sind zu hoch. Zu diesem Fazit kommt ein aktuelles Gutachten von Professor Thomas Wein von der Universität Lüneburg im Auftrag des Energieversorgers Lichtblick. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert eine deutliche Absenkung der geplanten Eigenkapitalzinssätze um mehr als einen Prozentpunkt. Damit könnten allein Stromkunden nach Berechnungen von Prof. Wein und des vzbv rund 1,1 Milliarden Euro in der vierten Regulierungsperiode einsparen.
„Milliardengeschenke für die Netzbetreiber sind fehl am Platz. Schon jetzt zahlen Verbraucher:innen in Deutschland die höchsten Strompreise in Europa und auch die Gaspreise steigen aktuell stark an. Die Bundesnetzagentur müsste darauf hinwirken, dass Verbraucher:innen bestmöglichst entlastet werden. Stattdessen will sie die Eigenkapitalzinsen für Netzbetreiber unnötig hoch ansetzen“, sagt vzbv-Energieexperte Thomas Engelke. „In der aktuellen Niedrigzinsphase sind den Verbraucher:innen Eigenkapitalzinssätze von 4,59 Prozent für die Unternehmen nicht zu vermitteln. Niedrigzinsen sollten auch für Netzbetreiber gelten.“
Der vzbv verweist darauf, dass die geplanten Eigenkapitalzinsen von 4,59 Prozent beim aktuellen Zinsumfeld einem Geschenk für die Konzerne gleichkommt. Zwar lagen die Umlaufsrenditen festverzinslicher Wertpapiere, die ein wichtiger Referenzpunkt zur Berechnung der Eigenkapitalsätze darstellen, im Durchschnitt der letzten zehn Kalenderjahre (2011 bis 2020) bei 0,74 Prozent. Allerdings zeigt die zeitliche Entwicklung stark nach unten. Seit etwa zwei Jahren ist die Rendite sogar negativ. Der vzbv fordert, diese Entwicklung und insbesondere das Jahr 2021 auch mit zu berücksichtigen. Daraus ergäbe sich eine durchschnittliche Umlaufrendite von lediglich 0,47 Prozent als risikoloser Zinssatz für die Netzbetreiber. Im Ergebnis würden die Zinssätze gegenüber dem Vorschlag der Bundesnetzagentur also sinken.
Die Regulierung der Eigenkapitalzinssätze muss die wettbewerblichen Bedingungen in den Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetzen bestmöglichst abbilden. Die zweite wesentliche Komponente des Eigenkapitalzinssatzes ist der sogenannte Wagniszuschlag, der als Aufschlag auf den risikolosen Zinssatz zusätzlich gewährt wird. Dem oben beschriebenen Leitprinzip der Regulierung folgend sollte dieser Wert das tatsächliche und zu Marktpreisen bewertete Risiko der Netzbetreiber nicht übersteigen.
Formal lässt sich der Wagniszuschlag daher als Produkt einer Marktrisikoprämie und eines Risikofaktors berechnen. Allerdings berücksichtigt die Bundesnetzagentur nach Berechnungen von Prof. Wein die spezifischen Rahmenbedingungen der deutschen Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze nicht ausreichend. Damit ergeben sich ein zu hohes Risiko und ein zu hoher Wagniszuschlag. Der vzbv fordert daher die Absenkung des Wagniszuschlags auf 2,36 Prozent.
Der vom vzbv geforderte reduzierte risikolose Zinssatz und Wagniszuschlag würde einen um 1,12 Prozent auf 3,47 Prozent verminderten Eigenkapitalzinssatz für Altanlagen ergeben. Damit könnten allein für die Stromkunden ca. 1,1 Mrd. Euro eingespart werden.
Das Gutachten von Lichtblick finden Sie hier.
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