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Datum: 16.02.2022

Kein Verlass auf Online-Bewertungen

vzbv-Analyse: Auffällig gewordene Webshop-Betreiber, Händler und Portale beschönigen das Gesamtbild ihrer Bewertungen

  • Die der Marktbeobachtung gemeldeten Portale, Webshops und Händler begünstigen immer wieder positive Bewertungen, negative Rezensionen werden behindert oder gelöscht.
  • Diese Asymmetrie im Umgang mit Bewertungen kann zu ernsten Wettbewerbsverzerrungen führen.
  • Baldige Neuregelungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sind ein wichtiger Schritt – begegnen aber nicht allen Praktiken der gekauften und manipulierten Bewertungen.
Können Verbraucher Online-Bewertungen vertrauen?

Quelle: Sikov - Fotolia.com

Die gemeldeten Webshop-Betreiber, Online-Händler und Portale bedienen sich diverser Praktiken, um Nutzerbewertungen systematisch zu beeinflussen. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Ziel dahinter ist die Beeinflussung der Kaufentscheidung von Verbraucher:innen zu Gunsten der beteiligten Akteure. Das kann zu ernsthaften Wettbewerbsverzerrungen führen, warnt der vzbv.

Betreiber begünstigen in den vorliegenden Fällen die Erstellung positiver Rezensionen im Netz, während negative Bewertungen gelöscht und behindert werden. „Damit wird die Kaufentscheidung von Verbraucherinnen und Verbrauchern systematisch manipuliert, denn Rezensionen stellen für viele Menschen ein zentrales Entscheidungskriterium beim Online-Shopping dar“, sagt Sabrina Wagner, Referentin Team Marktbeobachtung Digitales des vzbv. „Die dadurch entstehende Asymmetrie zwischen guten und schlechten Bewertungen kann im schlimmsten Fall zu Wettbewerbsverzerrungen führen.“

Juristische Drohkulissen, Bewertungsvermittler und Gutschein-Versprechen sorgen für ein verzerrtes Gesamtbild

Die Untersuchung des vzbv zeigt, dass einige der gemeldeten Händler Verbraucher:innen dazu drängen, negative Bewertungen auf Portalen zurückzunehmen. Dazu schicken sie Anwaltsschreiben oder drohen, Schadensersatz geltend zu machen. Gleichzeitig locken auffällig gewordene Shops oder Händler mit Gutscheinen, die zu Höchstbewertungen anregen, oder unseriöse Bewertungsvermittler sorgen für die gewünschten positiven Rezensionen. Zusätzlich können irreleitende Darstellungen von vermeintlichen Top-Durchschnittsbewertungen unter Umständen dazu führen, dass Produkte oder Anbieter besser dastehen, als sie sind. Ein Online-Händler hatte beispielsweise für Produkte mit 5 Sternen geworben, obwohl tatsächlich noch gar keine Kundenbewertung für das Produkt abgegeben wurde. In einem Verfahren des vzbv hat das Landgericht Berlin diese Art der Darstellung untersagt (Pressemitteilung: Irreführende Werbung).

„Verbraucherinnen und Verbraucher haben bei diesem Kampf um Höchstbewertungen das Nachsehen. Sie werden über die Güte eines Produkts oder die Vertrauenswürdigkeit eines Händlers getäuscht“, sagt Wagner. Gleichzeitig profitieren Portale und Webshops, wenn sich auf ihren Seiten viele sehr positiv bewertete Produkte befinden. Denn positive Bewertungen können Vertragsabschlüsse ankurbeln, an denen die Beteiligten mitverdienen.

Beeinflussung von Bewertungen weiterhin möglich

Ein erster Schritt zur Eindämmung von gekauften und gefälschten Bewertungen ist getan: Die Umsetzung der Modernisierungs-Richtlinie im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wird zum 28. Mai 2022 wirksam. Diese zwingt Unternehmen, ihren Umgang mit Bewertungen transparenter zu gestalten. Dazu gehört unter anderem die Information, ob sämtliche Bewertungen veröffentlicht werden oder nach welchen Regeln Beiträge gelöscht werden. Außerdem müssen Unternehmen, die Verbraucherrezensionen zugänglich machen, sicherstellen, dass die veröffentlichten Bewertungen von Verbraucher:innen stammen, die die bewerteten Produkte wirklich erworben oder verwendet haben. Doch die Analyse des vzbv macht deutlich: Es gibt zahlreiche Maschen, um Bewertungen zu fälschen. Die neuen Informationspflichten bieten dafür nur einen eingeschränkten Schutz.

Der vzbv wird das Thema Online-Rezensionen auch nach der Umsetzung der neuen Regelung beobachten.

Betroffene können Erfahrungen melden

Auffälligkeiten können Verbraucher:innen jederzeit über das Beschwerdeportal melden. Erfahrungen können direkt online unter www.verbraucherzentrale.de/beschwerde gemeldet werden.

Verbraucher:innen, die Hilfe in einem individuellen Fall benötigen, sollten die Beratungsangebote der Verbraucherzentralen nutzen.
Informationen unter www.verbraucherzentrale.de/beratung.

Methodik: Die Ergebnisse dieser Untersuchung beruhen auf der inhaltlichen Analyse von 141 Frühwarnnetzwerk-Fällen, die dem vzbv zwischen dem 05.02.2019 und dem 25.06.2021 von Verbraucher:innen zum Thema Online-Bewertungen gemeldet wurden. Beim Frühwarnnetzwerk der Verbraucherzentralen und des vzbv handelt es sich um ein qualitatives Erfassungs- und Analysesystem für auffällige Sachverhalte aus der Verbraucherberatung. Eine Quantifizierung der Daten aus dem FWN heraus bzw. ein Rückschluss auf die Häufigkeit des Vorkommens in der Verbraucherberatung oder in der Gesamtbevölkerung insgesamt ist daher nicht möglich.

Infografik: Unausgewogene Bewertungen täuschen Verbraucher:innen

Leider haben Sie uns zu Unrecht negativ bewertet und Sie fügen uns damit bewusst einen erheblichen Schaden zu. (...) Sollte die Bewertung nicht innerhalb der genannten Frist geändert werden, werden wir den Fall sofort an unseren Anwalt übergeben und Schadensersatzansprüche für 12 Monate geltend machen (...). Bitte beachten Sie das Ihnen in diesem Fall zusätzlich die anfallenden Anwaltskosten in Rechnung gestellt werden. (…)

Beispiel für juristische Drohkulissen eines Händlers als Reaktion auf negative Kundenbewertung

(…) weshalb wir Sie nun letztmalig auffordern diese [Ihre negative Bewertung, Anm.d.Red.] nun umgehend, jedoch innerhalb von 3 Werktagen, zu löschen oder zu korrigieren. Sollte diese Frist erneut fruchtlos verstreichen, müssen wir uns leider zum Schutze unserer Gesellschaft und unter Ausschöpfung aller straf- und zivilrechtlichen Maßnahmen dagegen wehren. Dadurch werden enorme Kosten entstehen, welche dann letztendlich von Ihnen zu tragen sind. (…)

Beispiel für juristische Drohkulissen eines Händlers als Reaktion auf negative Kundenbewertung

(...) Wir haben Sie hiermit nachweislich über die Folgen und Kosten Ihrer Bewertung informiert und geben Ihnen nachweislich die Möglichkeit diese innerhalb einer angemessenen Frist ohne weitere Kosten zu ändern. Ob Sie diese Möglichkeit nutzen oder dafür zahlen steht Ihnen natürlich vollkommen frei. (…) alles Weitere erfolgt nach Fristablauf über unseren Anwalt auf dem Postweg.

Beispiel für juristische Drohkulissen eines Händlers als Reaktion auf negative Kundenbewertung

Ich habe den Verdacht, dass der Pfannen-Hersteller XY die Kundenbewertungen filtert und nur positive Rezensionen auf seinem Webshop anzeigt. [...]
Ich habe meine Kritikpunkte aufgelistet. […] Meine Bewertung ist nach ca. 3 Wochen immer noch nicht auf der Produktseite aufzufinden.

Verbrauchererfahrungen mit Bewertungen im Netz

Ich habe einen über ein Portal beauftragten Handwerker negativ bewertet. Diese Bewertung wurde einfach gelöscht. Erst auf Nachfrage teilte man mir mit, dass der Handwerker widersprochen hätte und ich Beweise für die Bewertung vorlegen oder die kritischen Stellen aus der Bewertung entfernen solle. [...]

Verbrauchererfahrungen mit Bewertungen im Netz

Wir [haben] einen Saugroboter von XY bestellt. Der Lieferung lag eine Karte bei, auf der um eine ehrliche Rezension gebeten wurde. Daneben war ein 5-Sterne-Bild. Als Belohnung gibt es drei Sachen. [...]
Gesagt getan! Ich habe eine ehrliche 4-Sterne-Bewertung abgegeben, dies per Mail beim Verkäufer bestätigt. Kurze Zeit später kam ein 50-Euro-Gutschein für das Portal YZ via Mail und die Bitte, doch einfach für weitere 10 Euro 5 Sterne zu geben.
Was läuft denn bitte hier falsch?!

Verbrauchererfahrungen mit Bewertungen im Netz

Das Profil des Autohauses XY auf dem Portal YZ ist ganz offensichtlich voll von [positiven] Fake-Bewertungen. Ein Indiz wären beispielsweise die Bewertungen der Fake-User S.M., R.B., usw. Diese User haben das Autohaus bewertet und ebenso den Rechtsanwalt B. in N. (die Distanz zwischen den beiden Firmen beträgt ca. 500 km). […] Hier scheinen etliche Bewertungen gekauft zu sein.

Verbrauchererfahrungen mit Bewertungen im Netz

Ich habe auf der Plattform XY einen Verkäufer wegen schlechter Qualität negativ bewertet. Der Verkäufer droht nun mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen über einen Anwalt, falls ich die Bewertung nicht zurücknehme. Ich habe die Plattform über das Vorgehen informiert, komme in dem Fall aber nicht weiter. [...]

Verbrauchererfahrungen mit Bewertungen im Netz

Ich habe widerrufen und eine negative Bewertung abgegeben. Der Händler forderte mich auf, die Bewertung zu löschen. Dann erhielt ich ein Schreiben von einem Rechtsanwalt mit Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. [...]

Verbrauchererfahrungen mit Bewertungen im Netz

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Infografik: Negative Bewertungen werden nicht veröffentlicht oder gelöscht

Infografik: Negative Bewertungen werden nicht veröffentlicht oder gelöscht

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Infografik: Gute Rezensionen werden begünstigt, gefälscht oder gekauft

Infografik: Gute Rezensionen werden begünstigt, gefälscht oder gekauft

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Infografik: Positive Bewertungen können manipuliert sein

Infografik: Positive Bewertungen können manipuliert sein

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Infografik: Auffällige Online-Händler bauen juristische Drohkulissen bei negativen Bewertungen auf

Infografik: Auffällige Online-Händler bauen juristische Drohkulissen bei negativen Bewertungen auf

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Infografik: Unausgewogene Bewertungen täuschen Verbraucher:innen

Infografik: Unausgewogene Bewertungen täuschen Verbraucher:innen

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Online-Bewertungen vzbv-Analyse

Der Kampf um Bewertungen im Netz - Erfahrungen und Probleme von Verbraucher:innen

Analyse des vzbv | Januar 2022

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