Die Schadensanzeige gegenüber dem Luftfrachtführer für Schäden durch die verspätete Ankunft des Reisegepäcks muss nicht zwingend eine vollständige Darstellung und Bezifferung des Schadens enthalten und kann bereits vor der Ankunft des Gepäcks erfolgen.
Der Entscheidung des EuGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger fliegt am 15. Dezember 2021 mit zwei weiteren Personen auf einem bei der Fluggesellschaft Iberia gebuchten Flug von Frankfurt am Main nach Panama City mit einer Zwischenlandung in Madrid. Da das Gepäck nicht in Panama City eintrifft, meldet der Kläger am selben Tag das Fehlen des Gepäcks und setzt sich telefonisch mit der Gepäckermittlung von Iberia in Kontakt. Aufgrund dieser Situation verschieben der Kläger und seine Mitreisenden ihre Weiterreise. Der Kläger teilt Iberia in einem Kontaktformular mit, dass er spätestens bis 18. Dezember 2021 persönlich von der Gesellschaft kontaktiert werden möchte, da er sonst Ersatzkäufe tätigen und seine Reise fortsetzen werde. Da Iberia nicht reagiert, tätigt er die Ersatzkäufe. Erst danach wird am 20. Dezember 2021 das Gepäck in Panama City abgeliefert. Der Kläger begehrt mit einer beim Amtsgericht Frankfurt erhobenen Klage die Erstattung der Kosten der Ersatzkäufe, der Fahrtkosten und der Kosten eines Ersatzflugtickets. Das Amtsgericht Frankfurt weist die Klage in erster Instanz mit der Begründung ab, die Frist aus Art. 31 Abs. 2 Satz 2 des Übereinkommens von Montreal sei nicht gewahrt. Dieser sieht vor, dass im Falle einer Verspätung die Anzeige binnen 21 Tagen nachdem das Gepäck zur Verfügung gestellt werde, zu erfolgen habe. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts richtet sich die Berufung des Klägers beim Landgericht Frankfurt am Main. Dieses setzt das Verfahren aus und legt dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Art. 31 Abs. 2 Satz 2 des Montrealer Übereinkommens dahingehend auszulegen sei, dass die Anzeige binnen 21 Tagen nach Rückerhalt des Gepäcks erfolgen müsse, und nicht bereits vorher erfolgen könne.
Der EuGH stellt fest, dass der Schaden, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisegepäck entstehe, dem Luftfrachtführer ab dem Zeitpunkt, zu dem der betreffende Reisende von der Verspätung Kenntnis erlange, und binnen 21 Tagen, nachdem ihm das Reisegepäck zur Verfügung gestellt werde, angezeigt werden könne, ohne dass Reisende warten müssten, bis ihnen das Reisegepäck zur Verfügung gestellt werde. Eine andere Auslegung sei nicht interessengerecht, da ansonsten die Erfüllung der Anzeigeformalität von einer zusätzlichen, nicht notwendigen Voraussetzung abhängig gemacht würde. Eine Anzeige könne daher auch vor dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem das betreffende Gepäck seinem Empfänger zur Verfügung gestellt werde.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.
Datum der Urteilsverkündung: 05.06.2025
Aktenzeichen: C-292/24
Gericht: EuGH