Dem Betreiber eines sozialen Netzwerks, der nach erfolgter Sperrung dazu aufgefordert wurde, das Nutzerkonto wiederherzustellen, steht eine angemessene Prüffrist zu.
Der Entscheidung des Saarländischen OLG liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin Facebook die Unterlassung der Löschung ihres zwischenzeitlich deaktivierten Facebook-Nutzerkontos. Am 27. Mai 2022 wird das Konto der Antragstellerin aufgrund der Meldung von Verstößen gegen die „Gemeinschaftsstandards“ deaktiviert. Nach erfolgter Deaktivierung werden Konten regelmäßig nach Ablauf einer bestimmten Zeit dauerhaft und unwiderruflich gelöscht. Dieser Vorgang kann nur innerhalb von 90 Tagen gestoppt werden. Nach einem Versuch Facebook zur Widerherstellung des Kontos zu bewegen, fordert die Antragstellerin am 9. Juni 2022 per anwaltlichem Schreiben unter Fristsetzung auf den 16. Juni 2022 Facebook dazu auf, das Konto wiederherzustellen. Hierauf reagiert Facebook nicht. Am 20. Juni 2022 beantragt die Antragstellerin beim Landgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung, dass Facebook es bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu unterlassen habe, ihre Daten zu löschen. Am 19. Juli 2022 wird das Konto durch Facebook wiederhergestellt. Daraufhin hat die Antragstellerin die Sache für erledigt erklärt. In der Folge streiten sich die Parteien über die Verfahrenskosten. Das Landgericht legt diese zunächst Facebook auf, mit der Begründung, dass Facebook bei Fortgang des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre. Hiergegen richtet sich die Beschwerde Facebooks.
Die Beschwerde hat Erfolg. Das Oberlandesgericht entscheidet, Facebook habe der Antragstellerin keine Veranlassung zur Beantragung der auf Untersagung der Löschung gerichteten Verfügung gegeben, sodass die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Die Antragstellerin habe keine Veranlassung gehabt, davon auszugehen, ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu ihrem Recht zu kommen. Facebook sei eine angemessene Prüffrist einzuräumen gewesen, von dessen Verstreichen elf Tage nach der anwaltlichen Aufforderung und vier Tage nach Ablauf der darin gesetzten Frist noch nicht auszugehen gewesen sei. Es liege auf der Hand, dass ein international tätiges Unternehmen der Größe Facebooks eine solche Einzelfallprüfung innerhalb eines so knappen Zeitraums nicht leisten könne und auch nicht müsse.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.
Datum der Urteilsverkündung: 03.11.2022
Aktenzeichen: 5 W 79/22
Gericht: Saarländisches OLG