Datum: 12.04.2022

Zur Haftung für gefälschte E-Mail-Überweisungsaufträge

Urteil des OLG Karlsruhe vom 12.04.2022 (17 U 823/20)

Die Darlegungs- und Beweislast für die Autorisierung eines Zahlungsauftrags
trifft die Bank. Sie haftet insbesondere, wenn sie fälschungsanfällige Auftragserteilungsmethoden akzeptiert.

urteile-vzbv-fotolia_45599622.jpg

Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

 

 

Das OLG Karlsruhe hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Die Klägerin, die der deutschen Sprache nicht mächtig ist, eröffnet am 15. November 2007 bei der Beklagten ein Girokonto. Dem Vertragsschluss gehen Gespräche zwischen der Klägerin und einem Mitarbeiter der Beklagten voraus, die in deutscher Sprache geführt und von einem ehemaligen Geschäftspartner der Klägerin für sie übersetzt werden. Die Kommunikation mit dem für sie zuständigen Mitarbeiter der Beklagten und der Klägerin findet überwiegend per E-Mail und in englischer Sprache statt. Ab 2010 erteilt sie in unregelmäßigen Abständen Überweisungsaufträge per E-Mail. Am 17. Oktober 2011 wird ihr mitgeteilt, ihr Online-Banking-Zugang werde wegen Inaktivität geschlossen, sie möge sich an die Bank wenden, wenn sie die Neueröffnung wünsche. Sie antwortet am selben Tag, sie begrüße die Schließung ihres Online-Banking-Zugangs. Überweisungen tätigt sie in der Folge weiterhin per E-Mail an „ihren“ Bankberater. In der Zeit vom 11. Mai 2016 bis zum 01. Februar 2017 gehen insgesamt 12 Überweisungsaufträge in Höhe von 7.562 bis 42.360 Euro mit einem Gesamtvolumen von 255.395,61 Euro per E-Mail an den Berater ein. Dieser nimmt, wie in der Vergangenheit, ohne nähere Überprüfung oder Rücksprache mit der Klägerin, die Überweisungen ins Ausland vor. Bei den Aufträgen handelt es sich mutmaßlich um Fälschungen. Die Klägerin erhält regelmäßig Kontoauszüge von ihrer Bank zugeschickt. Nachdem sie Anfang Februar 2017 den Kontoauszug 1/2017 und ein auszufüllendes Formblatt zur Einwilligung in die Kommunikation per E-Mail erhält, teilt sie mit, sie könne zwei der Überweisungen von Ende Januar und Anfang Februar nicht nachvollziehen und bittet um Erklärung. Kurze Zeit später teilt sie mit, weitere zehn Überweisungen nicht nachvollziehen zu können. Per Anwaltsschreiben fordert die Klägerin am 18. September 2017 vergeblich die Beklagte zur Gutschrift der abgebuchten 255.395,61 Euro auf ihrem Girokonto. Das Landgericht weist die in der Folge erhobene Klage auf Gutschrift der Summe ab. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Der Senat stellt fest, das Landgericht habe zu Unrecht die Beweislast für die Nichtautorisierung der Überweisungen bei der Klägerin gesehen. Vielmehr liege die Beweislast bei der Bank. Die Bank dominiere das Vertragsverhältnis zwischen Bank und Kund:innen. Daher gebe sie vor, welche Auftragsform für sie ausreichend sicher sei. Wenn sie Überweisungsaufträge per E-Mail akzeptiere, trage sie auch das Risiko für gefälschte Zahlungsaufträge durch Hackerangriffe auf E-Mail-Konten. Die Art und Weise der Kommunikation zwischen der Klägerin und der Bank, sowie einige Anhaltspunkte in den E-Mail-Protokollen, legen es nahe, dass jemand anderes als die Klägerin die Aufträge erteilte. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin selbst in betrügerischer Absicht gehandelt habe. Sie habe daher einen Anspruch auf Gutschrift gegen ihre Bank.

 

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.

Datum der Urteilsverkündung: 12.04.2022
Aktenzeichen: 17 U 823/20
Gericht: OLG Karlsruhe

Weitere Informationen

Kontakt

Kontakt

Icon für Kontakt für Verbraucher

Service für Verbraucher:innen

Was suchen Sie? Wählen Sie eine passende Option:

Kontakt

Telefon-Icon

Pressestelle

Service für Journalist:innen

presse@vzbv.de +49 30 25800-525