Frau im Rechtswesen hat Laptop, Gesetztesbuch und Justitia vor sich auf dem Tisch

Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Datum: 22.07.2025

Zur Erstattung nichtautorisierter Zahlungen

Urteil des BGH vom 22.07.2025 (XI ZR 107/24)

Frau im Rechtswesen hat Laptop, Gesetztesbuch und Justitia vor sich auf dem Tisch

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Die telefonische Weitergabe von TANs kann auch dann als grob fahrlässig angesehen werden, wenn die Rufnummer der Bank als Caller-ID angezeigt wird und die Anrufer Kenntnisse über Daten der Beziehung des/der Kund:in zur Bank vorweisen können.

Der Entscheidung des BGH liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Kläger verlangen von der beklagten Sparkasse, eine Belastungsbuchung auf ihrem Gemeinschaftsgirokonto rückgängig zu machen. Die Kläger unterhalten bei der Beklagten ein Gemeinschaftsgirokonto, das seit einer Vereinbarung im Juni 2014 mittels Online-Banking unter Verwendung persönlicher Zugangsdaten und dem chipTAN-Verfahren geführt wird. Am 2. Juli 2022 versucht die Klägerin mehrfach vergeblich, ihre PIN zu ändern; der TAN-Generator meldet dabei wiederholt einen Abbruch des Vorgangs. Im Anschluss öffnet sich auf ihrem PC ein Fenster mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Installation einer neuen Sicherheitssoftware zum Weiterbetrieb des Online-Bankings. Die Klägerin schließt das Fenster, wird jedoch kurz darauf telefonisch von einer angeblichen Mitarbeiterin der Beklagten kontaktiert. Diese nennt hierbei auch den Namen der Sachbearbeiterin der Klägerin. Auf dem Display des Telefons der Klägerin wird dabei die Nummer der beklagten Sparkasse angezeigt. Im Rahmen eines fingierten Identifizierungsverfahrens fordert die Anruferin die Klägerin auf, Zahlenfolgen in den TAN-Generator einzugeben und ihr die generierten TANs telefonisch zu übermitteln. Da sich die Klägerin einige Male vertippt, ist die Betrugsmasche an diesem Tag nicht erfolgreich. Die vermeintliche Sparkassenmitarbeiterin vereinbart für den darauffolgenden Tag einen Rückruf mit der Klägerin. Am darauffolgenden Tag – einem Sonntag – wiederholt die Klägerin unter Anleitung der Anruferin die Weitergabe der TANs. Diese TANs nutzen die Betrüger, um das Überweisungslimit zu erhöhen und letztlich durch Eingabe einer generierten TAN eine Überweisung über 35.555 Euro zu autorisieren. Mit der Klage begehren die Kläger, die Rückgutschrift des verlorenen Betrages in Höhe von 35.555 Euro. Das Landgericht gibt der Klage im Wesentlichen statt. Auf die Berufung der Beklagten weist das Berufungsgericht die Klage ab. Mit der Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

 

Die Revision hat keinen Erfolg. Den Klägern stehe der geltend gemachte Anspruch zwar zu. Die Beklagte könne dem aber einen Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe entgegenhalten, da sich die Klägerinnen grob fahrlässig verhalten haben. Grobe Fahrlässigkeit erfordere einen in objektiver Hinsicht schweren und in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Vorliegend habe insbesondere kein Augenblickversagen im Zuge einer Überrumpelung vorgelegen, da die Klägerin nach dem ersten Telefonat einen ganzen Tag lang Zeit gehabt habe, die ungewöhnlichen Umstände des ersten Telefonats zu überdenken. Auch nicht zu beanstanden sei, dass das Berufungsgericht das Verhalten der Klägerin als grob fahrlässig bewertet hat, obwohl auf dem Display ihres Telefons die Telefonnummer der Beklagten angezeigt wurde. Angesichts der Warnung der Beklagten auf ihrer Website und im Online-Banking vor den Gefahren des Missbrauchs und vor betrügerischen Anrufen sowie aufgrund der umfangreichen Berichterstattung der letzten Jahre in den öffentlichen Medien zu den vielfältigen Angriffen beim Internet-Banking könne die Klägerin nicht vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit entlastet werden. 

 

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht. 

Datum der Urteilsverkündung: 22.07.2025
Aktenzeichen: XI ZR 107/24
Gericht: BGH

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