Datum: 13.01.2022

Zur Angabe von zusammengesetzten Zutaten auf Lebensmittelpackungen

Urteil des EuGH vom 13.01.2022 (C‑881/19)

Lebensmittelhersteller müssen bei der Angabe von Zutaten, die ihrerseits aus mehreren Zutaten bestehen, den gesetzlich normierten Rechtsbegriff verwenden. Eine freie Übersetzung des (EU-)Gesetzestexts anderer Sprachfassungen ist nicht zulässig.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des EuGH liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Tesco‑Gruppe, ein multinationales Einzelhandelsunternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich, betreibt u.a. in der Tschechischen Republik Supermärkte. Ihre tschechische Tochtergesellschaft vermarktet in ihren Geschäften in der Tschechischen Republik bestimmte Lebensmittel unter der Marke Monte. Die Etikettierung der in Rede stehenden Erzeugnisse – Monte Milch‑Schokoladendessert mit Haselnüssen 220 g, Monte Milch‑Schokoladendessert 100 g und Monte Drink Milchschokoladengetränk mit Haselnüssen 200 ml – ist mit einem Zutatenverzeichnis versehen, in dem čokoládový prášek (Schokolade in Pulverform) aufgeführt wird. Die Zusammensetzung dieser Zutat wird nicht näher erläutert. Am 27. Mai 2016 gibt die staatliche tschechische Lebensmittelinspektionsbehörde Tesco auf, die in Rede stehenden Erzeugnisse aus ihren Geschäften in der Tschechischen Republik zu nehmen, und verbietet ihr das weitere Inverkehrbringen. Sie stützt sich darauf, dass die Etikettierung dieser Erzeugnisse die Angabe „čokoládový prášek“ („Schokolade in Pulverform“) enthalte, ohne dessen Zutaten aufzuführen. Deshalb liege ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 und 4 der Verordnung Nr. 1169/2011 vor. Außerdem ergebe sich aus Anhang I Abschnitt A Nr. 2 Buchst. c der Richtlinie 2000/36, dass im Tschechischen der Begriff „čokoláda v prášku“ („Schokoladenpulver“) verwendet werden müsse und nicht der Ausdruck „čokoládový prášek“ („Schokolade in Pulverform“). Das Regionalgericht Brünn, bei dem die Klage anhängig ist, setzt das Verfahren aus und wendet sich im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens an den EuGH, mit der Frage, ob auf die detaillierte Angabe der Zusammensetzung von zusammengesetzten Zutaten nur dann verzichtet werden könne, wenn die Bezeichnung exakt entsprechend der Bezeichnung der tschechischen Sprachfassung des Anhangs I der Richtlinie 2000/36 sei.

Der Europäische Gerichtshof stellt fest, dass mit der Richtlinie 2000/36 die Verkehrsbezeichnungen für Kakao- und Schokoladeerzeugnisse für die menschliche Ernährung vollständig harmonisiert wurden, um die Einheit des Binnenmarkts zu gewährleisten. Mit dieser Richtlinie sei ein geschlossenes und verbindliches System von Verkehrsbezeichnungen geschaffen worden. Aus dieser Richtlinie gehe hervor, dass ein Erzeugnis aus einer Mischung von Kakaopulver und Zuckerarten, die mindestens 32 Prozent Kakaopulver enthalte, für die Zwecke der Anwendung dieser Richtlinie als „Schokoladenpulver“ zu bezeichnen sei. Ob diese Voraussetzungen auf das vorliegende Produkt zutreffen, sei durch das vorlegende tschechische Gericht zu entscheiden. Sollten die Voraussetzungen zutreffen, ist die in der maßgeblichen Sprachfassung der Richtlinie enthaltene Bezeichnung „čokoláda v prášku“ („Schokoladenpulver“) zu verwenden. Der Ausdruck „čokoládový prášek“ („Schokolade in Pulverform“) sei nicht zulässig. Auch nicht, wenn sie sich als Übersetzung einer anderen Sprachfassung derselben Richtlinie ergebe. Der Grundsatz der Gleichwertigkeit der verschiedenen Sprachfassungen könne nicht dazu führen, dass sich ein Wirtschaftsteilnehmer durch die freie Übersetzung einer beliebigen Fassung an keine der geltenden Fassungen halten müsse. Zudem sei nur so ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleistet, da eine fundierte Information der Verbraucher:innen hinsichtlich der verwendeten Zutaten ansonsten nicht sichergestellt werden könne.

 

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.

Datum der Urteilsverkündung: 13.01.2022
Aktenzeichen: C‑881/19
Gericht: EuGH

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