Datum: 06.07.2023

Zum sogenannten „Handwerker-Widerruf“

Urteil des BGH vom 06.07.2023 (VII ZR 151/22)

Das Angebot eines Handwerkers, das erst am nächsten Tag angenommen wird, ist kein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag. Es besteht kein Widerrufsrecht.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des BGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien streiten darüber, ob der von den Klägern erklärte Widerruf einer Willenserklärung, die auf den Abschluss eines Werkvertrages abzielt, wirksam ist. Die Kläger besitzen ein Reihenhaus, und der Beklagte führt einen Dachdeckerbetrieb. Im Sommer 2018 beauftragen die Kläger den Beklagten zunächst mit der Erneuerung von Dachrinnen und Abdichtungsarbeiten im Eingangsbereich ihres Hauses. Während der Arbeiten bemerkt ein Mitarbeiter des Beklagten, dass der Wandanschluss des Daches defekt ist und informiert die Kläger darüber. Einen Tag nach Kostenschätzung und Angabe der voraussichtlichen Dauer durch die Handwerker, beauftragen die Kläger den Beklagten auch mit diesen zusätzlichen Arbeiten, die ohne Mängel ausgeführt werden. Die Kläger zahlen den Rechnungsbetrag für beide Aufträge vollständig. Am 5. September 2019 widerrufen die Kläger beide Aufträge in einem Schreiben. Bei einem späteren zufälligen Treffen übergibt der Kläger dem Beklagten einen Flyer mit der Aufschrift "Der Handwerker-Widerruf – Schützen Sie sich vor unseriösen Handwerkern" und teilt mit, dass er daraus ein neues Geschäftsmodell entwickelt habe. Die Kläger argumentieren, dass ihnen ein Widerrufsrecht aufgrund eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags zustehe. Sie fordern die Rückzahlung der gezahlten Vergütung. Das Amtsgericht lehnt die Klage ab, da es den Widerruf als rechtsmissbräuchlich betrachtet. Das Berufungsgericht hält den Widerruf des Zusatzauftrags für wirksam und verurteilt den Beklagten zur Rückzahlung des entsprechenden Anteils an der Gesamtsumme. Der Beklagte möchte mit der Revision die vollständige Abweisung der Klage erreichen.

Die Revision ist erfolgreich. Der vorliegende Zusatzauftrag stelle keinen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag dar, bei dem ein Widerruf möglich wäre. Bei einer zeitlich verzögerten Auftragserteilung, wie sie hier vorliegt, bei der der Kläger den Auftrag erst am nächsten Tag erteile, handle es sich nicht um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag, da nicht beide Parteien bei gleichzeitiger Anwesenheit ihre Erklärungen abgeben. Der Verbraucher habe in diesem Fall ausreichend Bedenkzeit und sei daher nicht besonders schutzwürdig. Daher habe der Kläger kein Widerrufsrecht und somit auch keinen Anspruch auf Rückerstattung.

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.

Datum der Urteilsverkündung: 06.07.2023
Aktenzeichen: VII ZR 151/22
Gericht: BGH

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