Es liegt ein wirksamer Rücktritt von einer vor Pandemie-Beginn gebuchten Reise bei einer bestehender Reisewarnung zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vor
Vorliegend hatte das AG Hannover folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Der spätere Kläger buchte bei einem Reiseunternehmen, der späteren Beklagten, für sich und seine Ehefrau am 02.01.2020 eine Pauschalreise mit Flug von Frankfurt nach Hurghada und zurück nebst Aufenthalt in einem Hotel für die Zeit vom 25.12.2020 bis 08.01.2021 für 2.060,00 €. Vereinbarungsgemäß leistete er eine Anzahlung in Höhe von 515,00 €. Mit Schreiben vom 15.09.2020 erklärte der Kläger unter Berufung auf durch die Corona-Pandemie veranlasste außergewöhnliche Umstände den Rücktritt vom Pauschalreisevertrag. Das beklagte Reiseunternehmen erteilte dem Kläger unter Berufung auf in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen niedergelegte Stornobedingungen eine Stornorechnung über 824,00 €. Der Kläger beauftragte danach einen Rechtsanwalt und ließ diesen mit Schreiben vom 19.11.2020 zur Rückzahlung der geleisteten Anzahlung auffordern und die Gegenforderung auf Zahlung von Stornokosten zurückweisen.
Das AG Hannover hat entschieden, dass der Kläger gegen das beklagte Reiseunternehmen einen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung hat, da dieser vom Vertrag zurückgetreten ist und das beklagte Reiseunternehmen hierdurch den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis verloren hat. Das Reiseunternehmen hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer pauschalen Entschädigung in Höhe der geleisteten Anzahlung. Der Reiseveranstalter kann nämlich dann keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Nach ersichtlich herrschender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung ist für die Beurteilung dieser Voraussetzungen nach Ansicht des AG Hannover darauf abzustellen, ob zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung eine nicht nur unerhebliche Wahrscheinlichkeit bestand, dass die Reise aufgrund der Covid-19-Pandemie erheblich beeinträchtigt sein würde. Hiervon ist auszugehen. Maßgeblich ist dabei, dass für das außereuropäische Ausland, mithin auch für das hier gegenständliche Reiseziel Ägypten, eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung Bestand hatte.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt.
Datum der Urteilsverkündung: 09.04.2021
Aktenzeichen: 502 C 12946/20
Gericht: AG Hannover