Datum: 21.02.2019

Abgasskandal - vzbv klagt erfolgreich gegen VW-Händler

Geschädigter Verbraucher kann Kaufpreis zurückverlangen

Sergey Rasulov - 123rf.com

Quelle: Sergey Rasulov - 123rf.com

  • Einbau des von VW entwickelten Software-Updates war nicht zumutbar.
  • Ausstattung des Fahrzeugs mit Manipulationssoftware stellt Mangel der Kaufsache dar.
  • Verbraucher war zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.

Das Landgericht Bremen hat einen VW-Händler verurteilt, dem Käufer eines von einer unzulässigen Abschaltautomatik betroffenen Fahrzeugs den Kaufpreis abzüglich Nutzungsersatz zu erstatten. Der im Jahr 2017 vom Verbraucher erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag sei zu Recht erfolgt. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), nachdem ihm der Verbraucher seinen Zahlungsanspruch abgetreten hatte. Das Gericht bestätigte die Rechtsauffassung des vzbv, wonach es dem Kunden nicht zuzumuten war, an dem Vertrag festzuhalten. „Das Urteil geht weit über den Einzelfall hinaus. Es enthält grundsätzliche Aussagen zum Gewährleistungsrecht, die auch anderen Verbrauchern in Zukunft zugutekommen können“, sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv.

Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört

Laut Gericht war das Vertrauensverhältnis zum Hersteller aufgrund des Einbaus der Manipulationssoftware nachhaltig zerstört, was auch auf die Beziehung zum Händler ausstrahle. Zudem sei die nachvollziehbare Forderung nach einer Garantie des Händlers für etwaige Folgeschäden, die durch die Nachrüstung entstehen könnten, verweigert worden.

Der Ende 2017 erhobenen Klage war ein längerer Schriftwechsel des betroffenen Verbrauchers mit seinem VW-Händler vorausgegangen. Der Verbraucher hatte wie viele andere betroffene Kunden eine Aufforderung erhalten, an seinem Fahrzeug ein Software-Update durch seinen Vertragshändler aufspielen zu lassen. Er hatte die begründete Sorge, dass die Nachrüstung negative Auswirkungen auf die Motorleistung und den Verbrauch haben könnte. Deshalb forderte er von seinem Händler die Garantie, für etwaige Folgeschäden einzustehen. Dieser Forderung kam der Händler nicht nach, woraufhin der Verbraucher vom Kaufvertrag zurücktrat. Zu Recht, wie das Landgericht Bremen in seinem Urteil vom 12. Dezember 2018 ausführt. Die Entscheidungsgründe liegen dem vzbv nun vor.

Nachrüstung war unzumutbar

Die Unzumutbarkeit ergab sich laut Gericht bereits aus der „nachhaltigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zur Herstellerin“: Wegen der millionenfachen Verwendung der Manipulationssoftware sei es nachvollziehbar, dass der Käufer nicht mehr darauf vertrauen wollte, dass die Nachrüstung in seinem Interesse erfolge. Dieser Vertrauensverlust strahle angesichts der Verbindung zwischen Vertragshändler und der Volkswagen AG auch auf die Beziehung der Kaufvertragsparteien aus. Zudem sei zum Zeitpunkt des Rücktritts nicht auszuschließen gewesen, dass die Installation des Software-Updates zu Folgeschäden führen könnte. Deshalb sei die Forderung des Kunden nach einer Garantie ebenfalls nachvollziehbar.

Garantie von VW gegenüber vzbv war unzureichend

Der vzbv hatte sich den Zahlungsanspruch des Verbrauchers abtreten lassen. Zuvor hatte er vergeblich versucht, gegenüber der Volkswagen AG eine weitergehende verbindliche Garantie für die von der manipulierten Software betroffenen Verbraucher durchzusetzen. Die ihm gegenüber abgegebene Garantieerklärung ging dem vzbv nicht weit genug, weil unter anderem Mangelfolgeschäden, zum Beispiel Mehrverbrauch, nicht abgedeckt waren. Mit der Klage sollte nun grundsätzlich geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen Käufer eine angebotene Nachbesserung ablehnen und vom Vertrag zurücktreten können.

Musterfeststellungsklage vor dem OLG Braunschweig

Aus Sicht des vzbv bedeutet das Urteil eine deutliche Schlappe für VW. „Auch wenn der Händler vertragsrechtlich für die Mangelfreiheit des Fahrzeugs haftet, liegt die Ursache des Mangels im Fehlverhalten des Herstellers und damit bei VW selbst“, so Klaus Müller. „Deshalb ist es gut, dass wir mit der Musterfeststellungsklage jetzt für eine Vielzahl geschädigter Kunden klären lassen können, dass die Volkswagen AG für die von ihr verursachten Schäden selbst haften muss.“

Am 8. Februar 2019 hat das beklagte Unternehmen gegen das Urteil Berufung zum Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen eingelegt. Nach der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2019 hat das Unternehmen seine Berufung zurückgenommen. Damit wurde das Urteil des Landgerichts Bremen rechtskräftig. Der Zinsanspruch besteht abweichend vom Tenor gemäß Seite 12 des Urteils ab dem 27.07.2017.

LG Bremen, Urteil vom 12.12.2018, Az.: 1 O 1632/17, rechtskräftig

OLG Bremen, Beschluss vom 02.12.2019, Az.: 2 U 16/19

 

Datum der Urteilsverkündung: 21.02.2019

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Urteil vom 12.12.2018 | LG Bremen | Az.: 1 O 1632/17, rechtskräftig

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