Datum: 01.12.2021

Zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts

Urteil des BGH vom 20.10.2021 (I ZR 96/20)

Verbraucher sind über das ihnen zustehende Widerrufsrecht zu informieren, wenn sie außerhalb von Geschäftsräumen einen Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts abschließen.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte vertreibt beruflich Kurventreppenlifte. Dabei handelt es sich um Treppenlifte mit Schienen, die individuell an die im Treppenhaus zu befahrenden Kurven angepasst werden. Die Beklagte teilt Verbrauchern bezüglich der Kurventreppenlifte mit, dass - außer für ein bestimmtes Modell - kein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe. Die Klägerin, hier die Verbrauchzentrale Baden-Württemberg, ist der Ansicht, dass ein Widerrufsrecht bestehe und sieht in dem Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Sie nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Verbraucherzentrale zurückgewiesen. Es hat angenommen, der Klägerin stehe kein Unterlassungsanspruch zu, weil im Streitfall kein Widerrufsrecht des Verbrauchers bestehe.

Dies sieht der BGH indes anders und hat die Beklagte nun auf Unterlassung verurteilt. Das Widerrufsrecht des Verbrauchers ist im Streitfall entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts nicht ausgeschlossen. Bei Werkverträgen bestehe ein Widerrufsrecht. Die im Streitfall erfolgte Werbung ist auf den Abschluss eines § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht unterfallenden Werkvertrags gerichtet.

Die Instanzgerichte hatten unterschiedlich geurteilt. Während das LG Düsseldorf erstinstanzlich der Klage stattgegeben hatte, hatte das OLG Düsseldorf sie in der Berufungsinstanz abgewiesen.

Für die Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen einerseits und Werkverträgen andererseits kommt es nach Ansicht des BGH darauf an, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Im Streitfall liegt der Schwerpunkt des angestrebten Vertrags nicht auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz am zu liefernden Treppenlift, sondern auf der Herstellung eines funktionstauglichen Werks, das zu einem wesentlichen Teil in der Anfertigung einer passenden Laufschiene und ihrer Einpassung in das Treppenhaus des Kunden besteht. Auch der hierfür, an den individuellen Anforderungen des Bestellers ausgerichtete, erforderliche Aufwand spricht daher für das Vorliegen eines Werkvertrags.

Bei der Bestellung eines Kurventreppenlifts, der durch eine individuell erstellte Laufschiene auf die Wohnverhältnisse des Kunden zugeschnitten wird, steht für den Kunden nicht die Übereignung, sondern der Einbau eines Treppenlifts als funktionsfähige Einheit im Vordergrund, für dessen Verwirklichung die Lieferung der Einzelteile einen zwar notwendigen, aber untergeordneten Zwischenschritt darstellt. 

Hinweis: An diesem Verfahren war die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beteiligt.

Datum der Urteilsverkündung: 20.10.2021
Aktenzeichen: (I ZR 96/20)
Gericht: BGH

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