Wird eine gestohlene Bankkarte kurze Zeit nach der Entwendung unter Verwendung der richtigen PIN zur Vornahme unautorisierter Zahlungen genutzt, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Karte in grob fahrlässig pflichtwidriger Weise zusammen mit einer Notiz der PIN aufbewahrt wurde. Die Bank ist in einem solchen Fall nicht zur Wiedergutschrift des Betrages verpflichtet.
Der Entscheidung des OLG Dresden liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Erstattung wegen unautorisierter Verfügungen mit einer Zahlungskarte in Anspruch. Sie unterhält ihr Girokonto bei der Beklagten, die der Klägerin eine Debitkarte zur Verfügung gestellt hat. Das Konto der Klägerin wird im Juli 2020 mit über 10.000 Euro belastet, die aus Kartenverfügungen stammen, die die Klägerin nicht selbst vorgenommen hat. Die Klägerin behauptet, sie habe die zur Karte gehörige PIN auswendig gelernt und keinerlei Notizen oder Aufzeichnungen hierzu gefertigt. Sie habe die Karte in einem Portemonnaie bei sich geführt, das sie in der Handtasche verwahrt habe. Sie habe die Zahlungskarte zuletzt am 9. Juli 2020 eingesetzt. Am 13. Juli 2020 habe sie verschiedene Einkäufe getätigt, die sie bar bezahlt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die Geldbörse noch vorhanden gewesen. Am Mittag des 14. Juli 2020 habe sie das Fehlen der Geldbörse bemerkt. Nach erfolgloser Suche habe sie im Online-Banking gesehen, dass im Zeitraum vom 13. Juli 14:25 Uhr bis 14. Juli 12:19 Uhr in über 40 Fällen missbräuchlich verfügt worden sei, wobei ein Schaden von 10.456,56 Euro entstanden sei und woraufhin sie ihre Karte habe sperren lassen. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe ein Anspruch auf die Wiedergutschrift des Betrages durch ihre Bank zu, da sie die Zahlungen nicht autorisiert habe. Die Bank ist der Ansicht, es greife der Anscheinsbeweis dafür ein, dass die Klägerin die Abbuchungen entweder selbst autorisiert oder durch eine grob fahrlässige Verwahrung der PIN gemeinsam mit der Karte ermöglicht habe und lehnt eine Wiedergutschrift daher ab. Das Landgericht gibt der Bank in erster Instanz recht und weist die Klage ab. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts enthalte keinen Rechtsfehler. Der Klägerin stehe zwar der geltend gemachte Anspruch gegen die Bank zu, die Bank könne ihr aber einen Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe entgegenhalten. Es gelte ein Anscheinsbeweis zugunsten der Bank, wenn wie hier eine Bankkarte zeitnah nach dem Diebstahl unter Eingabe der richtigen PIN verwendet werde. Die Klägerin habe nicht vermocht diesen Anscheinsbeweis zu erschüttern, indem sie Tatsachen vortrage und beweise, die die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensverlaufes konkret nahelägen. Es sei daher von einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung der Klägerin auszugehen.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.
Datum der Urteilsverkündung: 13.03.2024
Aktenzeichen: 5 U 589/23
Gericht: OLG Dresden