Datum: 11.03.2020

Gerichte müssen alle für den Streitgegenstand relevanten AGB-Klauseln prüfen

Urteil des EuGH vom 11.03.2020 (C-511/17)

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Gerichte müssen in Rechtsstreitigkeiten über Verbraucherverträge von Amts wegen die Missbräuchlichkeit der Klauseln prüfen, auch wenn diese nicht explizit angefochten wurden, sofern diese mit dem Streitgegenstand in Zusammenhang stehen.

Der vorliegende Sachverhalt ereignete sich in Ungarn. Geklagt hatte eine Verbraucherin gegen eine Klausel in dem mit der beklagten Bank 2007 geschlossenen Hypothekendarlehensvertrag. Die Klausel erlaubte es der Bank, den Vertrag nachträglich zu ändern. Das ungarische Gericht, das über die Klage zu entscheiden hatte, befand, dass sich aus der Rechtsprechung des EuGH die Pflicht für das nationale Gericht ergebe, in Rechtsstreitigkeiten über Verbraucherverträge von Amts wegen die Missbräuchlichkeit der Klauseln zu prüfen. Das ungarische Gericht legte dem EuGH zum Entscheiden daher die Frage vor, ob es auch Klauseln prüfen müsse, die ein Verbraucher mit der Klage nicht in Frage gestellt hat und die für die Prüfung auch nicht entscheidungserheblich sei.

Der EuGH entschied nun, dass ein Gericht auch Klauseln zu prüfen habe, die der Verbraucher nicht explizit angefochten hat. Allerdings müssten diese Klauseln mit dem Streitgegenstand in Zusammenhang stehen und das Gericht dabei über die erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt, um die Missbräuchlichkeit zu überprüfen. Hierzu kann das Gericht die Parteien um Klarstellung und Unterlagen ersuchen. Es bestehe jedoch keine Verpflichtung, von Amts wegen auch weitere Klauseln über den Streitgegenstand hinaus zu überprüfen. Jedoch macht der EuGH deutlich, dass das Gericht alle Vertragsklauseln in ihrer kumulativen Wirkung berücksichtigen muss, um einzelne Klauseln zu beurteilen.

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Datum der Urteilsverkündung: 11.03.2020

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