Datum: 26.06.2023

„Energie sparen stand noch nie so stark im Fokus wie 2022."

Interview mit Dr. Christiane Dudda, Gesamtprojektleiterin der Energieberatung der Verbraucherzentrale

Dr. Christiane Dudda

Quelle: vzbv / Mark Bollhorst

Frau Dudda, welchen Einfluss hatte die Energiekrise 2022 auf die Energieberatung?

Die Energieberatung der Verbraucherzentrale unterstützt seit 1978 Verbraucher:innen dabei, Energie sparsam zu nutzen. Eine Nachfrage wie im Jahr 2022 haben wir in den knapp 45 Jahren aber noch nie erlebt. Während wir früher etwa 100.000 Haushalte pro Jahr beraten haben, waren es 2021 bereits knapp 180.000 Energieberatungen und 2022 über 280.000 Beratungen. Die Medienanfragen an uns haben sich verdreifacht und auch die Zugriffe auf unsere Webseite sind deutlich gestiegen.

Wie sind Sie dieser rasant steigenden Nachfrage begegnet?

Durch neue Kooperationen, unter anderem mit dem Schornsteinfegerhandwerk, konnten wir fast 200 zusätzliche Energieberater:innen gewinnen. Mittlerweile sind rund 1.000 Berater:innen deutschlandweit tätig. Sie beraten persönlich vor Ort, per Video oder am Telefon zu energetischer Sanierung, Heizungstausch, Photovoltaik, Heizkostenabrechnungen und vielen weiteren Energiethemen. Außerdem haben wir bereits während der Corona-Pandemie damit begonnen, digitale Beratungsformate zu schaffen. 2022 haben circa 83.300 Verbraucher:innen die Online-Vorträge der Energieberatung der Verbraucherzentrale besucht – eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 160 Prozent. Die persönlichen Online-Beratungen haben sich im gleichen Zeitraum fast verdreifacht. Viele Beratungen, die früher in den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen durchgeführt wurden, finden mittlerweile per Telefon oder Videokonferenz statt. Die Nachfrage nach Energieberatungen war zeitweise so groß, dass Wartezeiten entstanden sind. Durch die Maßnahmen konnten wir die meisten Beratungswünsche erfüllen und die langen Wartezeiten für Beratungen verkürzen. Aktuell sieht es so aus, als würde die Nachfrage nach Energieberatung 2023 erneut leicht steigen.

Wie erklären Sie sich, dass die Nachfrage nicht noch viel stärker ansteigt, wo doch die Krisen weiter anhalten und sich die Situation in Hinblick auf den Klimawandel weiter verschärft?

In Zeiten hoher Inflation und Unsicherheit investieren die meisten Eigenheimbesitzer:innen deutlich weniger. Hinzukommen Handwerkermangel und lange Lieferzeiten für Technik und Material. Dadurch können empfohlene Maßnahmen oft nicht sofort umgesetzt werden. Zudem sind die Kosten für Material und Anlagen deutlich gestiegen, ebenso die Preise für Handwerker:innen. Deshalb schrecken viele Haushalte vor Bau- und Sanierungsprojekten zurück. Nicht zuletzt haben die Preisbremsen für Strom und Gas sowie der milde Winter den Handlungsdruck der Verbraucher:innen etwas reduziert. Der Anteil der Mieter:innen an unseren Ratsuchenden ist hingegen erstmals seit vielen Jahren wieder gestiegen. Mieter:innen können nur durch ihr eigenes Verhalten Einfluss auf die Energiekosten nehmen; größere Investitionen in Heizungstechnik oder Gebäudehülle sind ihnen in der Regel verwehrt. Gerade in den Wochen, in denen die Nebenkostenabrechnungen verschickt werden, nehmen Mieter:innen vermehrt eine Energieberatung in Anspruch.

Sind Fragen zum eigenen Nutzungsverhalten das Hauptthema der Energieberatung der Verbraucherzentrale?

Am meisten kommen Verbraucher:innen in die Energieberatung, um Fragen zur Nutzung erneuerbarer Energie zu klären. Speziell Photovoltaikanlagen und deren Förderung sind derzeit ein großes Thema. Weitere häufig nachgefragte Beratungsthemen sind die energetische Gebäudesanierung und Heiztechnik. Allgemeine Energiesparfragen, auch zum eigenen Nutzerverhalten, sind demgegenüber eher nachrangig, wurden allerdings häufiger thematisiert als in den Jahren zuvor.

Worin sehen Sie die größte Herausforderung für die Energieberatung in den nächsten Jahren?

Die größte Herausforderung für uns besteht sicher darin, trotz des zähen Ringens um Lösungen das Interesse an der Energiewende aufrecht zu erhalten. Der Klimaschutz zählt zu den wichtigsten Aufgabe unserer Zeit. Im Jahr 2022 konnten wir mit den Energieberatungen Einspareffekte von mehr als sechs Terawattstunden Energie und mehr als zwei Millionen Tonnen CO2 anstoßen. Das entspricht in etwa der durchschnittlichen jährlichen Kohlenstoffdioxid-Emission von zwei Kraftwerken. Es ist wichtig, dass wir dieses Niveau halten und weiter ausbauen.

Das Interview wurde für den Jahresbericht 2022 des vzbv geführt.

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