WhatsApp-Textnachrichten erfüllen bei rechtsgeschäftlich vereinbarter Schriftform grundsätzlich die Anforderungen des § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB, sofern eine dauerhaft speicherbare, in Schriftzeichen lesbare Erklärung vorliegt. Auch Emojis können eine Willenserklärung sein, ihre rechtliche Bedeutung bestimmt sich nach der Auslegung im jeweiligen Kontext.
Die Parteien streiten nach gegenseitigen Rücktritten aus einem Neuwagenkaufvertrag über die Rückabwicklung. Der Kläger bestellt beim Beklagten im November 2020 einen Ferrari SF 90 Stradale zum Preis von knapp 620.000 Euro. Der Kaufpreis beinhaltet den Listenpreis zuzüglich eines Aufpreises von 80.000 Euro netto, der zumindest auch für eine zeitnahe Lieferung des Fahrzeugs vereinbart wird. Im Kaufvertrag ist der Liefertermin als „2./3. Quartal 2021 (unverbindlich)“ angegeben. Weiter heißt es, der Käufer dürfe aufgrund der Unverbindlichkeit des Liefertermins „den Verkäufer zur Lieferung erst anmahnen, wenn der unverbindliche Liefertermin um zwei Quartale überschritten“ sei. Im Vertrag ist daneben vereinbart, dass Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen. Nach Abschluss kommunizieren die Parteien regelmäßig per WhatsApp und tauschen unter anderem Textnachrichten, Anhänge und Emojis aus. Dabei kommt es mehrmals zu Verzögerungen der Lieferung, die der Beklagte per WhatsApp mitteilt. Der Beklagte macht geltend, dass die Parteien per WhatsApp einvernehmlich einen späteren Liefertermin vereinbart haben, wofür unter anderem durch den Kläger verschickte Emojis als Einverständnis herangezogen werden.
Das OLG München stellt klar, dass die gewillkürte Schriftform grundsätzlich auch durch telekommunikative Übermittlung – wie etwa WhatsApp – gewahrt werde, soweit es sich um Textnachrichten oder entsprechende digitale Dokumente handle, nicht jedoch bei Sprachnachrichten oder Audio-/Video-Attachments. Entscheidend sei dabei, dass der Text dauerhaft gespeichert und reproduziert werden könne. Emojis könnten Teil einer elektronischen Willenserklärung sein; ob mit deren Verwendung ein Rechtsbindungswille verbunden sei, richte sich nach der Auslegung im Einzelfall unter Berücksichtigung des Nachrichtentextes, des Kontexts und möglicher kultureller Besonderheiten. Im vorliegenden Fall sieht das Gericht in den verwendeten Emojis keine rechtsgeschäftlich relevante Zustimmung zu einer Verlängerung der Lieferfrist. Das Gericht gibt der Klage auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung statt, da ein wirksamer Rücktritt vom Vertrag vorliege. Die Widerklage des Beklagten auf Schadensersatz für den anderweitigen Verkauf des Fahrzeugs zu einem niedrigeren Preis wird abgewiesen.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.
Datum der Urteilsverkündung: 11.11.2024
Aktenzeichen: 19 U 200/24 e
Gericht: OLG München