Datum: 01.12.2021

Zur Rückzahlung des Reisepreises für eine bereits unter Corona gebuchte Reise

Urteil des AG München vom 15.06.2021 (113 C 3634/21)

Der Reisepreis für eine in Zeiten der Corona-Pandemie gebuchte Reise ist zurückzuzahlen, wenn zum Zeitpunkt der Buchung nicht absehbar war, dass die Reise bei Durchführung erheblich beeinträchtigt sein wird.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Das Amtsgericht München hatte den nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden:  Die Kläger buchten am 04.06.2020 bei der Beklagten unter Anzahlung von 725 Euro eine Mittelmeerkreuzfahrt inklusive Flug von Hamburg nach Italien vom 24.11.2020 bis 05.12.2020. Am 17.07.2020 teilte die Beklagte mit, dass die Reise coronabedingt nur um vier Nächte verkürzt zum reduzierten Preis durchgeführt werden könne. Die Kläger nahmen die Änderung am 11.08.2020 an. Am 18.9.2020 erklärte die Beklagte eine erneute Änderung, was von den Klägern umgehend angenommen wurde. Auf Nachfrage erhielten die Kläger am 6.11.2020 eine Buchungsbestätigung und zahlten den restlichen Reisepreis in Höhe von 1.802,04 Euro. Ebenfalls noch am 6.11.2020 teilten die Kläger per Mail mit, dass die Reise für sie aufgrund des aktuell erhöhten Infektionsgeschehens nicht durchführbar sei und baten um kostenlose Stornierung. Dies lehnte die Beklagte am 12.11.2020 ab. Am selben Tag erklärten die Kläger den Rücktritt und verlangten den Reisepreise zurück. Die Beklagte stellte Stornogebühren in Höhe von 90 % des Reisepreises in Rechnung.

Das Amtsgericht München gab der Klage statt und verurteilte die Beklagte vollumfänglich zur Rückzahlung. Die Kläger sind von der Reise zurückgetreten. Grundsätzlich verliert der Reiseveranstalter bei Stornierung des Reisenden vor Reisebeginn den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis, kann jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen. Der Anspruch auf angemessene Entschädigung entfällt jedoch dann, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Solche unvermeidbaren außergewöhnlichen Umstände lagen zum Zeitpunkt des Rücktritts der Kläger vor. Die Covid-19-Pandemie kann grundsätzlich als unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand zu bewerten sein, der die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt. Allein die Tatsache der Pandemie reicht nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht aus, um jeglichen Rücktritt von allen Pauschalreisen zu jedem Zeitpunkt ohne Anfall von Entschädigungszahlungen zuzulassen. Es kommt vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Hierbei sind neben dem Reiseziel und den Umständen vor Ort auch Einreise- und Quarantänebestimmungen zu berücksichtigen. Ein starkes Indiz für eine erhebliche Beeinträchtigung sind die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes. Vorliegend erfolgte die Buchung der Reise im Juni 2020, somit zu einem Zeitpunkt, als die pandemische Lage bereits allseits bekannt war. Diese lässt das Kündigungsrecht jedoch nicht entfallen. Die Beklagten haben mit der Buchung nicht jegliche Verschlechterung der pandemischen Lage und das daraus folgende Gesundheitsrisiko akzeptiert. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob zu den zum Zeitpunkt der Buchung bekannten Beeinträchtigungen, zum Zeitpunkt des Rücktritts, zu dem die Prognoseentscheidung zu treffen war, weitere Beeinträchtigungen hinzugetreten sind. Denn die bereits bei Buchung bekannten Beeinträchtigungen haben die Kläger durch die Buchung akzeptiert, weitere jedoch nicht. Die Infektionslage hatte sich vom Zeitpunkt der Buchung und der Akzeptanz der Reiseänderungen bis zum Kündigungszeitpunkt dramatisch verschlechtert. Das Gericht bewertet diese dramatische Verschlechterung der pandemischen Lage daher als unvermeidbarer, außergewöhnlichen Umstand, der die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigte.

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt.

Datum der Urteilsverkündung: 15.06.2021
Aktenzeichen: (113 C 3634/21)
Gericht: AG München

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