Datum: 30.12.2021

Zur Haftung des Vermieters für ein verkehrsunsicheres Mietfahrzeug

Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 30.12.2021 (2 U 28/21)

Ein Ausschluss der verschuldensunabhängigen Haftung für Kardinalpflichten in allgemeinen Geschäftsbedingungen durch den Vermieter ist nicht möglich. Ein Mietwagen muss grundsätzlich im verkehrssicheren Zustand übergeben werden.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Berufung vor dem OLG Frankfurt am Main lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin, eine Restauratorin, mietete bei der Beklagten ein Mietfahrzeug, welches zuvor bereits vielfach an Dritte vermietet worden war. In dem Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten wurde vereinbart, dass die Vermieterin und ihre Mitarbeiter nur wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit haften würden, außer es handle sich um eine Verletzung des Lebens, Körpers oder der Gesundheit, bei der die Vermieterin dann für auch für fahrlässige Pflichtverletzungen haften würde. Während einer Fahrt auf der Autobahn versuchte die Klägerin das Fenster des Mietfahrzeuges hochzukurbeln und geriet hierbei mit dem Fahrzeug ins Schleudern, wobei ein Gegenlenken der Klägerin vergebens war. Das Fahrzeug kollidierte mit einem anderen Kraftfahrzeug und kippte sodann auf die linke Seite, wobei die Klägerin schwerste Verletzungen erlitt, unter anderem wurde der Arm der Klägerin bei dem Unfall abgetrennt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte als gewerbliche Kraftfahrzeugvermieterin erhöhte Sorgfaltsanforderungen treffe und der vertragliche Haftungsausschluss unwirksam sei. Der Unfall sei nach Ansicht der Klägerin nicht auf eine mangelnde Ladungssicherung zurückzuführen, sondern darauf, dass der Lkw bereits mit einer defekten Lenkung an sie übergeben worden ist, weshalb ein Gegenlenken durch die Beklagte vergebens gewesen sei. Die Klägerin begehrt ein Schmerzensgeld, eine Schmerzensgeldrente sowie den Ersatz aller entstandenen materiellen Schäden, die infolge des Unfallereignisses entstanden sind.

Die Berufung der Klägerin vor dem OLG hat in der Sache zum großen Teil Erfolg. Das Gericht stellte fest, dass das Fahrzeug bereits bei Übergabe Mängel auch hinsichtlich der Lenkung aufwies, sodass es sich nicht für den vom Vertrag vorausgesetzten Zweck eignete. Die Klägerin trifft hierbei kein (Mit-) Verschulden, da die Mängel für sie zunächst nicht erkennbar waren. Der Unfall ist auf den während der Fahrt aufgetretenen Lenkraddefekt zurückzuführen und nicht etwa auf eine falsche Ladungssicherung der Klägerin. Der von der Beklagten verwendete Haftungsausschluss ist nach Überzeugung des Gerichts nicht wirksamer Bestandteil des Vertrages zwischen den Parteien geworden, da der Haftungsausschluss keine Ausnahme von sogenannten Kardinalpflichten vorsah, also denjenigen Pflichten, die die Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglichen. Das Fahrzeug befand sich nicht in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand, konnte also nicht verkehrssicher genutzt werden. Auch der Umstand, dass die Klägerin sich zum Hochkurbel des Fensters leicht zur Seite beugte, begründet hierbei kein Mitverschulden. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 90.000 € und eine Schmerzensgeldrente in Höhe von monatlich 160 €.

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt.

Datum der Urteilsverkündung: 30.12.2021
Aktenzeichen: 2 U 28/21
Gericht: OLG Frankfurt a. M.

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