Datum: 21.03.2024

Zur Flugscheinkostenerstattung per Reisegutschein

Urteil des EuGH vom 21.03.2024 (C‑76/23)

Fluggäste, die nach der Annullierung ihres Fluges auf der Website der Fluggesellschaft ein Online-Formular ausfüllen und darin einer Erstattung per Reisegutschein unter Ausschluss der Auszahlung des Geldbetrages zustimmen, verlieren das Recht auf die Erstattung des Geldbetrages und müssen die Erstattung per Reisegutschein hinnehmen, sofern sie vorher klar und umfassend über die Erstattungsmodalitäten informiert wurden.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des EuGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Fluggast bucht für den 1. Juli 2020 einen Flug von Fortaleza (Brasilien) über Lissabon nach Frankfurt am Main bei TAP Air Portugal zum Preis von 1.447,02 Euro. Dieser wird einige Wochen im Voraus durch die Air Portugal annulliert. Auf ihrer Website hält Air Portugal ein Verfahren zur Einleitung von Erstattungen bereit. Die Fluggäste haben dabei die Wahl zwischen einer sofortigen Erstattung in Form eines Reisegutscheins, wenn sie ein Online-Formular ausfüllen, und anderen Formen der Erstattung, etwa die Auszahlung des Geldbetrags. Die Erstattung in Form der Auszahlung des Geldbetrages setzt jedoch die Kontaktaufnahme mit dem „Contact-Center“ der Fluggesellschaft voraus, da diese den Sachverhalt in diesen Fällen gesondert prüfen möchte. Air Portugal behauptet, der betreffende Fluggast habe am 4. Juni 2020 die Erstattung durch Ausstellung eines Gutscheins beantragt und per E-Mail einen Gutschein in Höhe von 1.737,52 Euro – den Kosten des ursprünglichen Fluges nebst einem Zuschlag – zugesandt bekommen. Der Fluggast begehrt in der Folge jedoch die Auszahlung des Geldbetrages und tritt am 30. Juli 2020 seine Ansprüche gegen Air Portugal an den Rechtsdurchsetzungsdienstleister Cobult (mittlerweile Getright24) ab. Dieser erhebt in Folge der Weigerung von Air Portugal, den Geldbetrag auszuzahlen, Klage beim zuständigen erstinstanzlichen Gericht. Die Klage wird mit der Begründung abgewiesen, dass die vom Fluggast abgetretenen Ansprüche durch die Erstattung in Form eines Reisegutscheins erloschen seien. Dagegen legt Cobult beim Landgericht Frankfurt am Main Berufung ein. Dieses setzt das Verfahren aus und legt dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob das von der EU-Fluggastrechteverordnung geforderte schriftliche Einverständnis zur Erstattung in Form eines Reisegutscheins schon dann vorliege, wenn der Fluggast einen solchen Gutschein auf der Internetseite des ausführenden Luftfahrtunternehmens unter Ausschluss einer nachträglichen Auszahlung der Flugscheinkosten in Geld auswählt und per E‑Mail zugesandt erhält, während eine Erstattung der Flugscheinkosten in Geld nur nach vorheriger Kontaktaufnahme mit dem ausführenden Luftfahrtunternehmen möglich ist.

Der Gerichtshof stellt fest, dass das Ausfüllen eines Online-Formulars ausreichend sein kann. Ziel der Verordnung sei die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für Fluggäste. „Mit schriftlichem Einverständnis“ sei somit dahingehend auszulegen, dass es dem Fluggast möglich sein muss, eine zweckdienliche und informierte Wahl zu treffen und somit nach Aufklärung freiwillig der Erstattung seiner Flugscheinkosten in Form eines Reisegutscheins anstelle eines Geldbetrags zuzustimmen. Sofern der Fluggast klare und umfassende Informationen erhalten habe, könne seine endgültige und eindeutige Annahme einer solchen Erstattung dadurch erfolgen, dass er ein auf der Website der Fluggesellschaft ausgefülltes Formular versendet, ohne dass dieses seine handschriftliche oder digitalisierte Unterschrift enthalten müsse. Die Forderung einer solchen Unterschrift sei überzogen und unangemessen, da ein solches Formerfordernis den mit der Bearbeitung der Erstattungen verbundenen Verwaltungsaufwand für die Fluggesellschaft erhöhen würde und geeignet wäre, das Erstattungsverfahren für den Fluggast zu verzögern, was seinen Interessen letztlich zuwiderliefe. Entscheidend sei lediglich, dass dem Fluggast in lauterer Weise klare und umfassende Informationen über die verschiedenen ihm zur Verfügung stehenden Erstattungsmodalitäten gegeben werden.

 

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.

Datum der Urteilsverkündung: 21.03.2024
Aktenzeichen: C-76/23
Gericht: EuGH

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