Datum: 13.01.2022

Zur automatisierten Werbung in E-Mail-Postfächern

Urteil des BGH vom 13.01.2022 (I ZR 25/19)

Eine wirksame Einwilligung in Inbox-Werbung liegt nicht vor, wenn Nutzer:innen von unentgeltlichen, durch Werbung finanzierten Varianten eines E-Mail-Dienstes, sich allgemein damit einverstanden erklären, Werbeeinblendungen zu erhalten.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des BGH liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Parteien beliefern Endkunden mit Strom. Die Streithelferin der Beklagten ist eine Werbeagentur. Die Beklagte beauftragte die Streithelferin mit der Schaltung von Werbeeinblendungen in E-Mail-Postfächern von Nutzern des kostenlosen E-Mail-Dienstes von T-Online. Die Werbung wurde dergestalt umgesetzt, dass sie im Postfach der Nutzer unter den eingegangenen E-Mails eingebettet präsentiert wurde. Die in der Inbox erscheinende Werbung war mit dem Wort „Anzeige“ versehen und erschien – anders als die in der Inbox angezeigten E-Mails des Nutzers – grau unterlegt und enthielt weder ein Datum noch einen Absender. Das Landgericht hatte die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, solche Werbung zu schalten. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nunmehr entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts entschieden und einen Unterlassungsanspruch bejaht.
Die Inbox-Werbung der Beklagten stelle eine gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Abs. 2 Nr. 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung dar. Nach dieser Norm sei eine geschäftliche Handlung unzulässig, durch die Marktteilnehmer:innen in unzumutbarer Weise belästigt werden. Dies sei stets und ohne dass es einer Interessenabwägung im Einzelfall bedürfe, anzunehmen, bei einer Werbung unter Verwendung einer automatisierten Anrufmaschine, eines Faxgeräts oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung der Adressat:innen vorliege. Da im vorliegenden Fall die Werbenachrichten in der Inbox der Nutzer:innen und somit einem normalerweise privaten E-Mails vorbehaltenen Bereichs angezeigt wurden und nur durch aktives Löschen zu entfernen waren, handle es sich hierbei um elektronische Post im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG, ähnlich wie Spam-E-Mails. Eine solche Verwendung elektronischer Post sei geeignet, das Ziel der betreffenden Richtlinie, die Nutzer:innen vor einer Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung zu schützen, zu beeinträchtigen. Erforderlich für eine solche Werbung ist, dass die betroffenen Nutzer:innen vor einer Einwilligungserklärung klar und präzise über die genauen Modalitäten der Werbung informiert werden und ihre Einwilligung in voller Kenntnis der Sachlage bekunden.

Datum der Urteilsverkündung: 16.06.2022
Aktenzeichen: I ZR 25/19
Gericht: BGH

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