Der Anspruch auf Gewährung der Corona-Soforthilfe ist ein unpfändbarer Anspruch, wenn eine Zweckbindung besteht.
Der Gläubiger ist Steuerberater und verfügt über einen gegen den Schuldner gerichteten Vollstreckungsbescheid vom 15.02.2016 über Honorarforderungen aus Steuerberatertätigkeiten in den Jahren 2014 und 2015. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 09.06.2017 wurde der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung des Kontoguthabens gegenüber der Drittschuldnerin (seiner Bank) gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen. Das Konto wird derzeit als Pfändungsschutzkonto i.S. von § 850k ZPO geführt. Am 27.03.2020 wurde dem Schuldner mit Bescheid der Bezirksregierung Köln gemäß dem Programm zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige“ und dem ergänzenden Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“ eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 EUR als einmalige Pauschale bewilligt. In dem Bescheid heißt es unter anderem, dass für die bewilligte Soforthilfe ein direktes Verrechnungs- beziehungsweise Aufrechnungsverbot mit bereits bestehenden Kreditlinien beim jeweiligen Kreditinstitut gelte. Die Corona-Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 EUR wurde dem Schuldner am 02.04.2020 auf seinem bei der Drittschuldnerin unterhaltenen P-Konto gutgeschrieben. Das Kontoguthaben, welches über den für den Schuldner eingerichteten Sockelbetrag hinausgeht, zahlte die Drittschuldnerin jedoch nicht an den Schuldner aus. Mit Schreiben vom 07.04.2020 beantragte der Schuldner gegenüber dem Amtsgericht die Aufhebung der Pfändung auf seinem Konto in Höhe von 9.000,00 EUR und die Freigabe des entsprechenden Betrages. Hierzu behauptet er, er benötige die Corona-Soforthilfe für den laufenden Lebensunterhalt seiner Familie in den nächsten drei Monaten. Mit Beschluss vom 08.04.2020 gab das Amtsgericht den auf dem Pfändungsschutzkonto eingegangenen Betrag in Höhe von 9.000,00 EUR in voller Höhe an den Schuldner frei. Hiergegen hat der Gläubiger mit Schriftsatz vom 15.04.2020 sofortige Beschwerde erhoben.
Das Landgericht Köln hat die sofortige Beschwerde verworfen und entschieden, dass dem Schuldner zur Vermeidung einer unangemessenen Härte die Corona-Soforthilfe in voller Höhe zu belassen und von der Pfändung auszunehmen ist. Denn der Anspruch des Schuldners aus dem Bescheid der Bezirksregierung Köln auf Gewährung der Corona-Soforthilfe ist ein unpfändbarer Anspruch. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien seit langem außer der Höchstpersönlichkeit von Ansprüchen die Fälle der Zweckbindung als Pfändungshindernisse anerkannt, die den Gläubigerzugriff ausschließen, soweit er mit dem zum Rechtsinhalt gehörenden Anspruchszweck unvereinbar wäre. Die Zweckbindung muss sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ableiten, wie dies z.B. bei den Vorschriften zur Gewährung öffentlicher Beihilfen regelmäßig der Fall ist. Sie kann sich auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses und bei öffentlich-rechtlichen Leistungen ferner aus den einschlägigen normersetzenden oder norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften ergeben. Nach dieser Maßgabe ist die Corona-Soforthilfe nach Meinung des LG Köln ohne Weiteres als zweckgebunden anzusehen, da sie ausweislich des im Bescheid mitgeteilten Leistungszwecks der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Begünstigten und der Überbrückung von dessen aktuellen Liquiditätsengpässen infolge der Corona-Pandemie dient.
Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht. Klicken Sie hier, um sich in die Empfängerliste eintragen.
Datum der Urteilsverkündung: 23.04.2020