Datum: 09.04.2019

EU-Reiserichtline: Gut gedacht, schlecht gemacht

Marktwächterexperten dokumentieren aus Verbrauchersicht unbefriedigende Umsetzung des neuen EU-Reiserechts im Online-Reisemarkt

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Quelle: georgejmclittle / 123rf

Das Marktwächter-Team der Verbraucherzentrale Bayern hat analysiert, wie weit Online-Reiseportale die neue EU-Reiserichtlinie umsetzen. Obwohl die neuen gesetzlichen Bestimmungen größtenteils eingehalten werden, ist kaum ein praktischer Nutzen festzustellen. Denn eine Mehrheit der geprüften Portale stellt gegenüber Verbrauchern nicht klar dar, ob sie Reiseveranstalter oder Reisevermittler sind.

Die neue EU-Reiserichtlinie, die seit dem 1. Juli 2018 in Kraft ist, soll den Verbraucherschutz auf dem boomenden Online-Reisemarkt stärken. Bisherige Reisevermittler fallen jetzt oft in die Kategorie eines Reiseveranstalters. Ist ein Reiseportal Veranstalter einer Reise, entstehen zusätzliche Pflichten, etwa das Erstellen eines Sicherungsscheins und der Schutz der Verbraucher bei Reisemängeln. Weiß der Verbraucher nicht, zu welcher Gruppe sein Reiseportal gehört, gestaltet sich die Durchsetzung seiner Rechte schwierig. „Für Verbraucher ist es wegen möglicher Fragen zur Haftung daher relevant, zu welcher der beiden Kategorien das von ihnen verwendete Reiseportal gehört“, sagt Ena Alushi, Juristin des Marktwächter-Teams in der Verbraucherzentrale Bayern.

Wenig Transparenz bei Reiseportalen

Die Marktwächterexperten prüften zum einen die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben aus juristischer Sicht und zum zweiten die Wahrnehmung aus reiner Verbrauchersicht. Es zeigte sich, dass zwar alle untersuchten Portale mit einer genauen juristischen Prüfung einer der beiden Kategorien zugeordnet werden können. Hingegen zeigte der praktische Test, der von Personen ohne juristische Vorkenntnisse durchgeführt wurde, dass eine Information darüber, ob ein Vertrag mit einem Vermittler oder Veranstalter abgeschlossen wird, für Verbraucher nur schwer zu finden ist. Einerseits waren die entsprechenden Hinweise nicht immer leicht, in einigen Fällen überhaupt nicht erkennbar. Darüber hinaus wäre es aus Verbraucherperspektive hilfreich, wenn die Informationen bereits auf der Startseite vorhanden wären.

Tatjana Halm, Teamleiterin des bayerischen Marktwächter-Teams, fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen: „Durch die EU-Reiserichtlinie sollte mehr Rechtssicherheit und Rechtsschutz für Verbraucher geschaffen werden. In der Praxis werden diese Ziele aufgrund der fehlenden Transparenz jedoch nicht erreicht“.

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband sieht Nachbesserungsbedarf an der Pauschalreiserichtlinie. Felix Methmann, Referent im Team Mobilität und Reisen, bedauert: „Die Richtlinie enthält eine Reihe von nicht verbraucherfreundlichen Regelungen, wie zum Beispiel den fehlenden Schutz von bestimmten Reiseeinzelleistungen (Anmieten von Ferienhäusern) und Tagesreisen, ein zu weitgehendes Leistungsänderungsrecht des Reiseveranstalters oder ein fehlendes Widerrufsrecht. Das sollte der EU-Gesetzgeber zusammen mit den Transparenzpflichten im Sinne der Verbraucher ändern.“

Die Ergebnisse der Marktwächter-Analyse erscheinen in Heft 3 2019 der juristischen Fachzeitschrift „ReiseRecht Aktuell“.

Methodik

Das Marktwächterteam der Verbraucherzentrale Bayern hat im August und September 2018 22 ausgewählte Online-Reiseportale daraufhin analysiert, ob die Eigenschaft eines Vermittlers oder Veranstalters erkennbar ist. Da für diese Unterscheidung vor allem der Buchungsprozess relevant ist, haben zwei Gruppen von Testpersonen mit jeweils unterschiedlichen Ansätzen zum einen die Websites und im Anschluss den Buchungsprozess auf dieser Seite analysiert. Die erste Gruppe, bestehend aus Juristen, hat die Darstellung der Seite aus rechtlicher Sicht bewertet und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen überprüft. Die zweite Gruppe, bestehend aus juristischen Laien, hat die Analyse rein aus Nutzersicht durchgeführt. Weitere methodische Details zur Untersuchung finden sich im oben genannten Fachartikel.


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