Datum: 24.01.2023

Zur Zulässigkeit von Preisgarantien bei Stromlieferungsverträgen

Urteil des LG Tübingen vom 24.01.2023 (20 O 19/22)

Die Werbung für einen Stromlieferungsvertrag mit einer Preisgarantie ist unzulässig, wenn sich der Anbieter vorbehält, den Vertrag innerhalb des Garantiezeitraums wegen gestiegener Beschaffungskosten zu kündigen.

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Der Entscheidung des LG Tübingen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die beklagte Energie Calw GmbH bietet Verbraucher:innen im Internet unter der Website www.encw.de Naturstrom aus erneuerbaren Energien an. Sie bewirbt diesen mit dem „Vorteil“ Nettopreisgarantie bis ins Jahr 2023 und Nettopreisgarantie bis 31. Dezember 2022. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mahnt die beklagte Anbieterin ab. Sie hält die von ihr beworbene Preisgarantie bei Stromlieferungsverträgen für irreführend und daher unzulässig. Beispielhaft teilt die Beklagte am 07. Februar 2022 einer Kundin mit: „Die stark gestiegenen Beschaffungspreise – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind diese um mehr als das Doppelte gestiegen – führen im Moment dazu, dass wir Ihren Vertrag aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr fortführen können. Aus diesem Grund sehen wir keine andere Möglichkeit, Ihren derzeitigen Vertrag fristgerecht zum 13. Juni 2022 zu kündigen (siehe AGB-Punkt 3(1)). Dies tun wir natürlich nicht, ohne Ihnen eine Alternative anzubieten, daher erhalten Sie beiliegend ein Angebot auf dem aktuellen Marktniveau…“. Nachdem die Kundin sich an die Beklagte wendet, teilt diese per E-Mail mit: „Leider teilen wir Ihre Ansicht, dass wir Ihre Stromlieferung aufgrund der eingeschränkten Nettopreisgarantie bis zum 31. Dezember 2022 erfüllen müssen nicht. Denn eine eingeschränkte Nettopreisgarantie, wie wir in Ihrem bisherigen Tarif Ihnen zugesichert haben, schließt ein ordentliches Kündigungsrecht beider Vertragsparteien nicht aus…“. Diese Praxis hält die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg für unzulässig und mahnt die Beklagte erfolglos ab. Die Preisgarantie sei wertlos, wenn die Beklagte sich vorbehalte, das Vertragsverhältnis innerhalb des Preisgarantiezeitraums zu kündigen, wenn die Fortführung des Vertragsverhältnisses wegen gestiegener Beschaffungskosten für sie nachteilig wäre. Die Werbung sei irreführend und daher unzulässig. Mit der Klage begehrt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die gerichtliche Untersagung der Werbung mit derartig ausgestalteten Preisgarantien.

Die Klage ist erfolgreich. Die streitgegenständliche Werbung, wie sie die Beklagte schaltet, sei unzulässig. Es handle sich aufgrund der Irreführung um eine unlautere geschäftliche Handlung. Verbraucher:innen müssten die Nettopreisgarantie dahingehend verstehen, dass der Preis bis zum angegebenen Datum garantiert sei. Verbraucher:innen stellten sich wiederum nicht vor, dass die Anbieterin den Vertrag einfach kündigen könne, wenn sich der Preis nachteilig für sie entwickle. In dieser Ausgestaltung habe die Preisgarantie für Verbraucher:innen keinen Sinn. Sie ist daher irreführend und unzulässig.

 

Hinweis: An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.

Datum der Urteilsverkündung: 24.01.2023
Aktenzeichen: 20 O 19/22
Gericht: LG Tübingen

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