Datum: 19.04.2012

Kein Anfechtungsrecht bei unsachgemäßen Gesundheitsbefragungen

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Urteil des OLG Stuttgart vom 19.04.2012 (7 U 157/11)

Das einem Verbraucher gegenüber so schnelle Vorlesen von komplexen Gesundheitsfragen bei Versicherungsvertragsschluss, dass dieser sie nicht erfassen kann, schließt als Anfechtungsgrund wegen arglistiger Täuschung oder Rücktrittsgrund des Versicherers als Grund „unvollständige Antworten“ aus.

Eine Verbraucherin hatte im Rahmen des Abschlusses einer Rentenversicherung mit Todesfallschutz und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zusammen mit der Versicherungsvertreterin das die Gesundheitsfragen enthaltende Antragsformular durchgearbeitet. Sie hatte später Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beansprucht. Dabei hatte sich herausgestellt, dass sich die Versicherungsnehmerin entgegen ihrer Angaben wegen Depressionen und Schizophrenie in Behandlung befunden hatte. Die Versicherung hatte hinsichtlich der Berufsunfähigkeitsversicherung die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sowie den Rücktritt vom Vertag erklärt. Hiergegen hatte die Kundin geklagt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart urteilte in zweiter Instanz zu Gunsten der Versicherungsnehmerin, nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hatte. Eine wirksame Anfechtung liege nicht vor. Zwar habe die Versicherungsnehmerin den Versicherer objektiv nicht über ihre Erkrankung aufgeklärt. Sie habe sie aber auch nicht darüber getäuscht. Der Antrag sei durch die Versicherungsvertreterin im Beisein der Versicherten ausgefüllt worden, nachdem dieser die Fragen vorgelesen worden seien. Allerdings sei dies so schnell erfolgt, dass ein ordnungsgemäßes Stellen und Verstehen der Fragen nicht als gegeben angesehen werden könne. Daher erübrige sich die Frage nach einer arglistigen Täuschung. Allerdings ergebe sich aus dem Zusammenhang der gestellten Fragen, dass selbst bei sachgerechter Erhebung der Gesundheitsfragen ein arglistiges Verhalten der Versicherten nicht gegeben sei.

Die Rentenversicherung nebst Todesfall- und Berufsunfähigkeitsschutz sei daher nicht durch die Erklärung der Versicherungsgesellschaft vom 13.05.2008 beendet oder geändert wurde, sondern bestehe darüber hinaus zu unveränderten Bedingungen fort.

Datum der Urteilsverkündung: 19.04.2012

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