Datum: 17.08.2016

Bausparkasse kann den Vertrag bei Erreichen der Zuteilungsreife kündigen

Urteil des OLG Frankfurt vom 17.08.2016 (19 U 3/16)

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Quelle: Gina Sanders - Fotolia.com

Mit Zuteilungsreife ist die Bausparkasse trotz Nichterreichen der vollen Sparsumme zur Kündigung des Bausparvertrages berechtigt.

Eine Verbraucherin hatte 1984 zwei Bausparverträge mit gebundenem Sollzinssatz abgeschlossen, deren Zuteilungsreife mit Erreichen der Mindestsparsumme von 40 Prozent der Bausparsumme seit 2001 beziehungsweise 2003 bestand. Die Verträge wurden über die Ansparphase hinaus weitergespart, jedoch nicht bis zur vollen Höhe der Darlehenssumme. Am 13.11.2014 kündigte die Bausparkasse die Verträge, woraufhin die Verbraucherin vor dem LG Frankfurt klagte. Sie wollte feststellen lassen, dass die Verträge weiterhin bestehen. Das Landgericht urteilte im Sinne der Bausparkasse und die Kundin ging in Berufung.

Sie vertrat die Ansicht, dass der Bausparkasse kein Kündigungsrecht zustände und die Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) ein Kündigungsrecht der Bausparkasse ausschlössen, da der Bausparer nach § 14 ABB das Recht habe, nach Ansparen der Mindestsparsumme auf die Zuteilung des Darlehens zu verzichten und den Vertrag fortzusetzen.

Hierzu stellte das Oberlandesgericht fest, dass das Landgericht den Bausparvertrag in der Ansparphase zutreffend als Darlehensvertrag beurteilt habe, bei welchem der Verbraucher in der Ansparphase der Darlehensgeber ist. Somit könne die Bausparkasse den Vertrag auch kündigen: Die  Bausparverträge haben einen festen Sollzinssatz, die Bausparkasse hat die Kündigungsfrist von 6 Monaten eingehalten und die Darlehen auch vollständig empfangen.

Der vollständige Empfang der Darlehensvaluta bei einem Bauspardarlehen liege bereits mit der erstmaligen Zuteilungsreife vor: Hiermit ist das für den Bausparvertrag charakteristische Ziel der Vertragsparteien erreicht, nämlich dem Bausparer einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu gewähren. Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife hat die Bausparkasse das ihr gewährte Darlehen auch dann vollständig empfangen, wenn der Bausparer das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nimmt und der Vertrag durch die Zahlung weiterer Spareinlagen fortgesetzt wird.

Da eine Verpflichtung des Bausparers zur Inanspruchnahme des Bauspardarlehens nicht besteht, ließe sich bis zur Grenze der Vollbesparung auch kein sonstiger Zeitpunkt oder anderer Darlehensbetrag ermitteln, an dem man sich für den Zeitpunkt des "vollständigen Empfangs" im Sinne des § 489 Absatz 1 Nr. 2 BGB orientieren könnte. Das grundsätzlich für Bausparkassen bestehende Kündigungsrecht würde "leer laufen". Der Zweck des Bausparvertrages sei aus Sicht des Gerichts die Erlangung eines zinsgünstigen Bauspardarlehens, nicht jedoch (auch) die Möglichkeit einer langfristigen möglichst gewinnbringenden Geldanlage.

Datum der Urteilsverkündung: 17.08.2016

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