Datum: 16.05.2006

Haftung der Bank bei arglistiger Täuschung des Kapitalanlagevermittlers von Schrottimmobilien

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Urteil des BGH Karlsruhe vom 16.05.2006 (XI ZR 6/04)

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Der BGH hat entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch des Verbrauchers gegen die Bank wegen unterbliebener Widerrufserklärung zwar ausscheiden muss, wenn der Verbraucher bei Abschluss des Darlehensvertrages bereits an seine Erklärung zum Abschluss des Immobilienkaufvertrags gebunden ist. Die Bank könne jedoch wegen arglistiger Täuschung des Vermittlers über die Kapitalanlage wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht schadensersatzpflichtig sein.

Ein kaufmännischer Angestellter und seine Ehefrau waren von einem Vermittler in ihrer Privatwohnung geworben worden, zum Zwecke der Steuerersparnis ohne nennenswertes Eigenkapital eine Eigentumswohnung zu erwerben. Die Kläger schlossen zunächst den Kaufvertrag ab, traten der für das zu erwerbende Objekt bestehenden Mieteinnahmegesellschaft bei und schlossen zwei Bausparverträge ab. Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen sie sodann einen Darlehensvertrag mit der die Anlageobjekte finanzierenden Bank vertreten durch die Bausparkasse ab. Eine Belehrung der Käufer und Darlehensnehmer nach den Vorschriften über Haustürgeschäfte erfolgte nicht. Die Käufer bestellten eine Grundschuld an der gekauften Eigentumswohnung über die Darlehenssumme, übernahmen dafür die persönliche Haftung und unterwarfen sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Später widerriefen sie den Darlehensvertrag und machten gegenüber der Bank eine arglistige Täuschung des Kapitalanlagevermittlers geltend.

Der Widerruf des Darlehensvertrages war gemäß § 3 I HWiG (= 312 BGB) wirksam. Mangels Vorliegens eines verbundenen Geschäfts hat das Gericht der Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung des Nettokreditbetrages und der marktüblichen Zinsen zugestanden.

Gegenansprüche der Kapitalanleger hat das Gericht im vorliegenden Fall abgelehnt. Ein Anspruch auf Schadensersatz gerichtet auf Ersatz der durch die Realisierung des Analagerisikos entstandenen Kosten wegen unterlassener Widerrufsbelehrung bezüglich des Darlehensvertrages lehnte das Gericht mit der Begründung ab, der Kaufvertrag sei zeitlich vor dem Darlehensvertrag geschlossen worden. Die fehlende Widerrufsbelehrung könne daher nicht ursächlich für den durch Abschluss des Beteiligungsvertrages entstanden Schaden gewesen sein.

Der BGH hat jedoch ausgeführt: "In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber eines finanzierten Objekts können sich Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers, Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufs- oder Fondsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen."

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Datum der Urteilsverkündung: 16.05.2006

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